Rückblick: Whisky-Spring in Schwetzingen

Messen

Bei strahlendem Sonnenschein präsentierte sich die Whisky-Spring am letzten Samstag ihren Besuchern. Und wenn Freunde des „Lebenswassers“ sich begegnen, dann ist die Bezeichnung #whiskyfamily durchaus wörtlich zu nehmen.

Gemeinsame Genussmomente erleben, sich mit Gleichgesinnten austauschen, Freunden begegnen und neue Freundschaften knüpfen – und dies auch noch in einem so schmucken Ambiente wie dem barocken Schwetzinger Schloss – mehr kann man von einer Messe kaum erwarten. Natürlich stehen die Aussteller und ihre Qualitäten im Mittelpunkt, aber, und ich schreibe es immer wieder gerne, die Begegnungen auf den Messen in einer familiären und friedlichen Atmosphäre sind einfach unvergleichbar.

Die Whisky-Spring ist mittlerweile Anziehungspunkt für Whiskyliebhaber, weit über das Rhein-Neckar Dreieck hinaus. Und wer vielleicht vor ein paar Wochen die kleine Vorschau hier auf dem Blog gelesen hat (hier nochmal der Artikel dazu), der konnte erfahren, wie Veranstalter Joe Seidel von einem stetigen Wachstum seit dem Beginn in 2015 berichtete. Auch in diesem Jahr war erneut eine Steigerung an den drei Messetagen auf insgesamt über 3.000 Besucher zu verzeichnen. Ob die Messe mit dieser formidablen Location noch mehr Besucher verkraften kann, wird sich zeigen, denn schon an dem, erwartungsgemäß sehr gut besuchten Samstag, musste der Veranstalter zwischenzeitlich den Zugang beschränken, weil der Andrang in den Sälen recht hoch war. Doch auch hier hat das Team Fingerspitzengefühl bewiesen und die wartenden Gäste mit einem Gratis-Dram der offiziellen Messeabfüllung von TheWhiskyCask vertröstet. Es zeigt sich einmal mehr, dass man als Veranstalter zwar nicht alles planen, aber seine Kompetenz dadurch unter Beweis stellen kann, wie man mit der Situation umgeht. Und hier haben Joe und seine Crew vorbildlich, aber vor allem auch verantwortungsvoll, gehandelt. Wer es ermöglichen kann sollte dennoch bei einem künftigen Besuch vielleicht in Erwägung ziehen, den Freitag oder Sonntag für einen Ausflug nach Schwetzingen zu nutzen (das gilt in der Regel für alle Messen, die alternative Tage zum Samstag anbieten).

Was mir ebenfalls auffiel, war die von Joe Seidel stets betonte „Markenreinheit“ an den Messeständen. Obwohl neben Importeuren, unabhängigen Abfüllern und Brennereien sich auch Händler mit ihrem vielfältigen Sortiment präsentierten, kam es doch so gut wie nicht zu Überschneidungen bei den Abfüllungen. Vielmehr waren diese doch klar voneinander abgegrenzt und im Vorfeld untereinander und mit dem Veranstalter abgestimmt. Das hebt die Whisky-Spring wohltuend von anderen Messen ab und macht die Orientierung für den Besucher nach meiner Auffassung wesentlich leichter. Es besteht nicht so schnell die Gefahr „überfordert“ zu werden. Und wer doch Orientierung bei dem vielfältigen Angebot benötigt, den nehmen die Aussteller gerne „an die Hand“ und führen durch ihr Sortiment. Die Qual der Wahl bleibt trotzdem… Jedenfalls dann, wenn nur ein Tag für den Besuch zur Verfügung steht. Alles probieren geht nicht und kleine Pausen, frische Luft und genug Mineralwasser zwischendurch sind dringend notwendig.

Probiert werden konnte dennoch reichlich, und dies aus einem sehr spannenden und abwechslungsreichen Angebot. Hier wird jeder seine eigenen Highlights benennen können, weshalb die nachfolgenden Ausführungen auch nur meine ganz persönlichen Erfahrungen wiedergeben können. Freilich stellt auch dies nur einen kleinen Ausschnitt der dargebotenen Qualitäten dar.

Nach einer ersten Orientierung ließ ich mich am Stand von Tom Zemann (Whisky in Wiesbaden zusammen mit den Kollegen von MACKMYRA) ein wenig durch das reichhaltige Sortiment an aktuellen Abfüllungen und Raritäten führen, bis ein 1996er Deanston von Murray McDavid (21 Jahre) aus einem Bourbon Barrel in meinem Glas landete. Dieser hatte eine Nachreifung in den kleinen Bourbonfässern der innovativen Koval Brennerei aus Chicago erfahren (über deren Abfüllungen ich hier schon einmal berichtet habe). Murray McDavid scheint in jüngerer Zeit gerne auf Finishs in diesen Fässern zurückzugreifen, durfte ich vor einiger Zeit doch schon mal einen 88er Single Grain von North British mit einer vergleichbaren Nachreifung probieren. Wenn das Ergebnis so gut ist, wie bei dem heutigen Deanston, dann gerne…

Deutlich jünger, aber nicht weniger spannend, präsentierte mir Dirk Ehlig-MacLeod (Alba Import) die dreijährige Abfüllung der schottischen Brennerei Kingsbarns, die erst im Jahr 2014 gegründet wurde. Der „Dream to Dram“ ist äußert fruchtig, mild, sehr rund und ohne jegliche scharfen oder gar sprittigen Noten. Sehr beachtlich, was dort nach drei Jahren Reifung schon in die Flasche gekommen ist. Ein unverzichtbarer Kandidat für meine neue Serie „young malts, young distilleries“.

Einer der größten Stände auf der Messe präsentierte der in Schwetzingen ansässige Whisky & Zigarren Fachhandel „Falke Exklusive„, wo mir die charmante Deborah Dreves das exklusive Messeangebot vorstellte, einen 12jährigen Ballechin aus Fass Nr. 176, gereift in einem „Super Tuscan Cask“ (toskanischer Wein), abgefüllt am 31. Oktober 2019 und limitiert auf 299 Flaschen. Eigentlich wollte ich ja nicht so früh zu den rauchigen Single Malts übergehen, aber wenn das Angebot so verlockend ist… Den habe ich mir dann gemeinsam mit Andreas Ames (Andreas Whisky Vitrine (Facebook)) gegönnt. Trotz der immerhin 59,1% vol. ist dieser Single Malt ganz wunderbar mild und ausgewogen. Abgehangener Räucherspeck und dazu tolle Rotweinnoten und reichlich Frucht. Voll und satt. Ausgezeichneter Ballechin Single Cask!

Und wo ich schon einmal bei den rauchigen Vertretern angelangt war, durfte die Messeangebot des mir bis dato nicht bekannten unabhängigen Abfüllers „Heidelberg Highlands“ nicht fehlen. Ein 14 jähriger Port Charlotte aus einem Sherry Hogshead. Eine Wucht in jeder Hinsicht! Schlichtweg fantastisch, wie Rauch und Sherry hier harmonieren.

Zeit für eine Pause, und hier zeigt sich einer der weiteren Vorzüge, an die der Veranstalter gedacht hat: Der Glastausch. Denn trotz Ausspülen hätten es die nachfolgenden, nicht rauchigen Vertreter, wohl schwer gehabt. Doch im Foyer tauschte mir das nette und zuvorkommende Personal gerne das gebrauchte Glas gegen ein neues aus. Super Service-Idee!

Welche Bedeutung die Messe hat, zeigt sich auch an der Präsenz überregionaler Vertreter, wie etwa dem Whiskyhort aus Oberhausen, der diesmal durch das charmante und souverän agierende Team, bestehend aus Cordula Maik (Allgäuer Whisky Hexe) und Oliver Blanz (Pfälzer Leidenschaft), repräsentiert wurde, zudem noch begleitet von Stefan Schwarzer (Schwarzer Rabe Delikatessen). Dort wiesen mich die beiden auf den 21 jährigen Benrinnes aus einem Bourbon Barrel, abgefüllt für TheOldFriends (Whisky Druid), hin. Auf der Messe in Mülheim hatte ich ihn noch verpasst, hier wurde ich nun endlich fündig. Ein ganz ausgezeichnetes Fass!

Wer stattdessen auf flüssiges Karamell und Toffee steht, der musste unbedingt den 13jährigen Ben Nevis aus einem 1st-Fill-Bourbon Fass von Anam na h-Alba, probieren, den Christian Priess mir dort einschenkte. Einen spannenden Kontrast dazu bot am Stand von Frank Jerger (Whisky for Life) der in Zusammenarbeit mit dem Brühler Whiskyhaus ausgesuchte Michel Couvreur „Achates“. Dieses Einzelfass des französischen Abfüllers, der für seine intensiven Sherryfassreifungen bekannt ist, durfte 11 Jahre lang in einem 1st-Fill-Oloroso aus der Bodega Harvey’s Fernando III verbringen, welches noch aus den 1930er Jahren stammt. Abgefüllt mit 53% vol. verströmte dieser Single Malt intensive Noten von Liebstöckel (Maggikraut), Gemüsebrühe, Würze, dunklem Sherry, Leder und Dörrobst. Der konnte getrost eine Stunde im Glas atmen und veränderte sich dabei fortlaufend.

Genug Zeit also, sich in der Zwischenzeit zu Dr. Heinz Weinberger (Whisky-Connaisseur) zu begeben, der das Sortiment von Douglas Laing präsentierte und mir den 25jährigen Timorous Beastie empfahl. Die Lead Malts dieses Blends stammen aus den Brennereien Blair Athol, Glen Garioch, Glengoyne und Dalmore. Ein wunderbar harmonischer, hellfruchtiger und runder Blend. Man sollte den Blends halt wieder mehr Beachtung schenken.

Und abschließend gab es dann noch ein Highlight, mit dem ich nun, ich muss es ja zugeben, so gar nicht gerechnet habe. Der sympathische Bastian Denkler, Brand Ambassador für die Waliser Marke Penderyn, empfahl mir doch die Verkostung eines 11jährigen Single Cask, gereift in einem ex-Scotch Fass und abgefüllt mit 59,9% vol. Klingt erstmal unscheinbar, aber ich bin froh, dass Bastian mir diesen Penderyn ins Glas gegeben hatte. Was für ein außerordentlich fruchtiges, aber zugleich tiefes und vollmundiges Erlebnis. Ich hätte wohl nie gedacht, dass mich ein Penderyn mal so begeistern würde. Da wird noch einmal eine Nachverkostung erforderlich sein. Ohnehin präsentierte sich Schlumberger einmal wieder mit einem tollen Messeauftritt, ebenso wie die Kollegen von Borco (u.a. mit einer 30 jährigen Glengoyne Originalabfüllung im Ausschank!).

Zu guter letzt kehrte ich noch einmal zu den rauchigen Abfüllungen zurück, diesmal mit einem Laphr…, sorry „IO III“ von Scotch Universe, den Michel Reick mir ins Glas gab. Gerade erst erschienen, war dieser Single Malt von der Insel Islay, gereift über neun Jahre in einem 1st-Fill-Sherry Hogshead, auf der Messe schon am Samstag fast wieder ausverkauft. Manche Abfüllungen sprechen sich halt schnell rum…

Fazit

Einen ganz wunderbaren Messetag auf der Whisky-Spring durfte ich erleben, mit zahlreichen freundschaftlichen Begegnungen und tollen Abfüllungen. Das Angebot ist vielfältig und zugleich dennoch gut überschaubar. Das Ambiente ist sowieso einmalig. Respekt auch an die Aussteller, die, trotz des langen Messetages, bis zum Schluss durchweg gut gelaunt und zuvorkommend waren! Ich sagte ja schon: #whiskyfamily

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