St. Kilian: Fass Nr. 1 wird 5 Jahre alt

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der wohl erfolgreichsten deutschen Whiskybrennerei: St. Kilian feiert seinen ersten fünfjährigen Single Malt aus Fass Nr. 1.

Ich kann mich noch gut an die Präsentation des „First Kilian“, dem ersten dreijährigen Single Malt Whisky aus der in Rüdenau ansässigen Brennerei sowie dem Signature One erinnern. Nachdem die deutsche Whiskybrennerei St. Kilian seit Eröffnung schon mit Likören und den „Spirits of St. Kilian“ auf sich aufmerksam machen konnte, war die Veröffentlichung des ersten Spirits, der sich dann auch Whisky nennen durfte, ein echter Meilenstein (wie wohl bei jeder jungen Brennerei). Kaum zu glauben, dass dies nun schon wieder zwei Jahre her ist. Nun, im Frühjahr 2021, lud St. Kilian zur Online-Präsentation einer fünfjährigen Abfüllung aus Fass Nr. 1.

Fachkundig und unterhaltsam präsentiert von Master Distiller Mario Rudolf und Thorsten Manus wurde die Verkostung angemessen eingerahmt mit einer Reise durch die aktuell erhältlichen Abfüllungen, dem Signature Edition SIX, dem Bud Spencer – THE LEGEND (einmal mit milder Rezeptur und einmal rauchig), den rauchigen Signature Editionen THREE und FOUR sowie einer kleinen Überraschung zum Abschluss. Für mich bot sich damit zugleich die willkommene Gelegenheit, seit meinem Besuch in der Brennerei und dem Signature ONE mal wieder zu den Abfüllungen der Brennerei zurückzukehren, die ich zuletzt nicht mehr so intensiv verfolgt hatte.

St. Kilian hat mittlerweile einen beachtlichen Status in der deutschen Whiskylandschaft erlangt. Beeindruckende 800 Teilnehmer fanden sich zum Online-Tasting ein, was sich zu Beginn durchaus als Herausforderung erwies, denn abgesehen von anfänglichen Tonproblemen, schienen auch einige Teilnehmer mit der eigenen Technik nicht ganz vertraut zu sein. Nach einer Weile hatten aber doch die meisten verstanden, dass eigene Mikrofon auf stumm zu stellen und so konnte die Präsentation mit einem kurzen unterhaltsamen Image-Film über die Philosophie der Brennerei beginnen. Mario Rudolf und Thorsten Manus gingen auch während des Tastings im Anschluss immer wieder auf die Besonderheiten der Produktion ein. Um diesen Artikel nicht zu überfrachten erlaube ich mir, zu Einzelheiten meinen Bericht über meinen damaligen Besuch zu verlinken (Zu Besuch bei St. Kilian in Rüdenau). Es ist schon beeindruckend, wenn schottische Brenntechnik auf deutschen Anlagenbau trifft. Und das Fassmanagement mit mittlerweile 232 verschiedenen Fassarten, unterschiedlichen Vorbelegungen und Hölzern, ist in Deutschland wohl einzigartig. Ich kann mich noch gut an die Berichte von Mario Rudolf zu Brennereibesuchen auf der ganzen Welt erinnern. Man merkt noch heute, wie Wissensdurst und Erfahrungen in die Produktion eingeflossen sind.

Den Auftakt des Abends bildete die Verkostung des aktuellen Signature SIX, eine wahre Fruchtbombe. Ein Markenzeichen der Brennerei ist die Spielart mit verschiedenen Fassarten, die auch hier wieder zum Ausdruck kommt und diesmal das Thema „Heimat“ aufgreift. Whiskys aus Ex-Bourbon und Rye-Fässer werden vermählt mit einem Destillat, welches in deutschen Spätburgunder-Fässern reifen durfte. Herausgekommen ist eine außerordentliche Fruchtigkeit aus (St. Kilian typischer) Birne, Apfel, eingelegten Zwetschgen, Pfeffer und einer vom Rye her stammenden Graubrot- und Sauerteignote. Die Weinnoten halten sich zunächst dezent im Hintergrund und bauen sich erst am Gaumen nach süßlich fruchtigem Beginn allmählich auf.

Mit dem Großvater im Fernsehsessel

Ganz anders dagegen der nachfolgende Bud Spencer – THE LEGEND, ein von St. Kilian veröffentlichter Single Malt mit „schlagkräftiger“ Lizenz. Wie auch immer man zu solchen Lizenzprodukten steht, aus Sicht der Brennerei sicherlich eine geniale Idee der Vermarktung (ja, auch St. Kilian muss Geld verdienen, um die ganzen Ideen auch zu verwirklichen und weiter zu wachsen). Mich persönlich holt das Produkt emotional schon deshalb ab, weil es mich an unzählige gemeinsame Abende mit meinem Großvater im Fernsehsessel erinnert. Was hatte wir einen Spaß mit diesem Klamauk!

Der St. Kilian The Legend ist aber kein „Schlag ins Gesicht mit der flachen Hand“ (um mal bei der filmischen Erinnerung zu bleiben), sondern fängt eher verhalten an (besonders im Vergleich zum zuvor verkosteten Signature SIX). Deshalb denke ich mir, ich lasse ihn erstmal eine Weile atmen. In der Tat kehre ich erst später in der kleinen Pause zu ihm zurück, und siehe da, auf einmal habe ich intensive mineralische Weinnoten in der Nase. Der Einfluss der Amaronefässer ist nicht aufdringlich, aber durchaus spürbar, würzig mit etwas Zimt und feiner Vanillenote im Hintergrund. Der würzig, weinige Charakter zieht sich bis zum Nachklang durch.

Johanniskreuzeiche und „Rüdenauer Solera“

Und nun zu Fass Nr. 1. Es handelt sich tatsächlich um das erste Fass, welches bei Produktionsbeginn am St. Patrick’s Day im Jahr 2016 überhaupt mit dem allerersten New Make aus den Brennblasen befüllt wurde. Dazu hatten sich die Verantwortlichen eigens von der Küferei Wilhelm Eder in Bad Dürkheim ein Fass aus deutscher Johanniskreuz-Eiche aus der Pfalz bauen lassen, mit einem außergewöhnlichen (und maximal zulässigen) Fassungsvermögen von 700 Litern. Ohne Vorbelegung mit einem anderen Destillat wurde der erste New Make in das frische Fass befüllt und durfte nun fünf Jahre dort reifen. Der bislang intensivste Malt des Abends (abgefüllt mit 58,7% vol.) mit einer doch recht (jedenfalls für mich) überraschenden Rumnote. Klebstoff, Ananas, ein Hauch Kokos. Kräftiger Antritt am Gaumen mit Eiche, Rumrosine, Trockenpflaumen und Anklängen von Schokolade und Nüssen. Eine würzig, pfeffrige Eichennote lässt diesen Malt lange ausklingen. Ein interessantes Detail verriet Mario Rudolf noch: 30% wurden in dem Fass zurückbehalten und nicht abgefüllt, der Rest des Fasses nun wieder mit New Make befüllt der nun erneut für fünf Jahre reifen soll. Die Idee erinnert entfernt an das andalusische Solera-Prinzip bei der Sherryreifung. So wird uns Fass Nr. 1 also in Zukunft wieder begegnen.

Nach einer kleinen Pause wenden wir uns den rauchigen Vertretern zu, denn von Anfang an hat St. Kilian auch auf Rezepturen mit Rauchmalz gesetzt. In diesem Fall stammt die Gerste aus der schottischen Großmälzerei Glenesk Maltings. Der Rauchgehalt schwankt danach je nach Rezeptur. So wird die rauchige Variante des Bud Spencer THE LEGEND zunächst von einem aschig würzigen Rauch überlagert. Auch hier empfiehlt es sich, den Malt eine Weile atmen zu lassen, um ihm seine weinigen Noten zu entlocken (wie bei der milden Variante setzt sich das Batch aus 80 % Ex-Bourbon und 20% Amaronefässern zusammen). Er bleibt dabei durchweg würzig, kräutrig. Subtiler und komplexer kommt da der Signature Edition THREE daher, mit einer Reifung in Ex-Bourbonfässern (Jack Daniel’s), wobei ein kleinen Anteil Quarter Casks der texanischen Garrison Brothers bilden (übrigens ein ganz toller Bourbon, der in jedem Fall eine Verkostung lohnt, wenn sich mal die Gelegenheit bietet. Einen Bericht dazu findet Ihr hier). Der THREE entwickelt eine sehr sanfte Rauchnote, die genug Raum für Noten von Apfel, Vanille und Karamell lässt. Gefällt mir außerordentlich gut, genauso wie der im Anschluss verkostete FOUR. Eine absolute Wucht, gereift zu 50% in PX- und 50% Oloroso-Sherryfässern. Rosine, Backpflaume, Liebstöckel, erdig, süß, intensiv, so wie ich eine Sherry Vollreifung auch erwarte. Interessant ist jedoch, dass der Charakter des Rauchs sich gänzlich anders verhält, also noch beispielsweise beim THE LEGEND. Hier ist es eher ein gut abgehangener, geräucherter Schwarzwälder Schinken, also eher in Richtung BBQ, als Asche.

Bei der angekündigten, abschließenden Überraschung handelte es sich um „Feuerwasser“ – den ersten Likör aus den Bud Spencer Lizenz Abfüllungen mit Zimt und Chili. Der Zimt dabei ganz klar im Vordergrund, während sich am Gaumen die Chili-Note eher allmählich aufbaut, ohne jedoch jemals zu scharf zu werden.

Fazit

St. Kilian kann Whisky – keine Frage. Mit dem ersten fünfjährigen aus Fass Nr. 1 erreicht die noch vergleichsweise junge Brennerei einen weiteren Meilenstein. Schade nur, dass Leser dieses Artikels bei Interesse sich leider in den einschlägigen Foren umschauen müssen, da die auf 760 Flaschen limitierte Abfüllung bereits nach Ende des heutigen Tastings in den Online-Shop kam, jedoch innerhalb weniger Minuten schon ausverkauft war. Nicht einmal jeder Tasting-Teilnehmer, der eine Falsche erwerben wollte, kam zum Zug (vielleicht hätte man den Erwerb auf eine Flasche pro Kunde begrenzen sollen, aber augenscheinlich haben selbst die Verantwortlichen bei St. Kilian nicht mit einem solchen Abverkauf gerechnet). Die nächsten Abfüllungen stehen jedoch schon in den Startlöchern. Neben dem Signature SEVEN deuteten Mario Rudolf und Thorsten Manuns in naher Zukunft eine weitere Abfüllung in Zusammenarbeit mit einer bekannten Band an.

Mein persönlicher Tipp: St. Kilian ist eine Besucherbrennerei. Soweit möglich, lohnt es sich absolut, dort einmal vorbeizuschauen und sich die Destillerie selbst anzusehen. Offenheit und Transparenz werden dort großgeschrieben und die Anlage ist wirklich sehenswert.

Ich gieße mir jetzt jedenfalls noch den Rest des sehr schönen Signature THREE ins Glas und schicke in Gedenken Grüße nach oben an den Großvater – vielleicht gerade lachend im Fernsehsessel…

In eigener Sache

Transparenz ist mir wichtig. Zu diesem Tasting wurde ich von St. Kilian eingeladen, deshalb wird der Artikel als WERBUNG gekennzeichnet, obwohl auf die Berichterstattung inhaltlich kein Einfluss genommen wurde. Vielen Dank an Andreas Thümmler für die Gelegenheit und ganz besonders an Mario Rudolf und Thorsten Manus für die gelungene Präsentation.

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