Koval: Vom Roggen zur Hirse

Diesmal gibt es eine Querverkostung der Abfüllungen aus der Koval Distillery: Rye, Bourbon, Four Grain und Millet.

Eine Frage der Motivation

Lasst mich zu Beginn einmal etwas über Motivation sagen. Jeder Beitrag, den ich hier im Blog schreibe, ist von einer besonderen Motivation geprägt. Sei es nun eine Geschichte, ein konkretes Ereignis oder einfach persönliche Vorlieben bzw. Interessen. Die Motivation einen Whiskey aus der Koval Distillery zu verkosten bestand bislang dagegen nicht und ehrlich gesagt hätte es wohl auch noch eine ganze Weile gedauert, bis mir die Abfüllungen der Brennerei ins Glas gewandert wären. Zu viele andere Projekte schwirren mir im Kopf herum, zu viele Whiskys, die ich vorrangig probieren wollte. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass gerade Bourbon in diesem Blog bislang ein Schattendasein pflegt, auch deshalb, weil er einfach bei mir nicht im Fokus steht.

Nun fand allerdings Anfang Juni in Brühl ein Blogger & YouTuber Meet & Greet im Brühler Whiskyhaus statt und YouTuber „Jason Bourbon“ aka „WhiskyJason“ hatte für die Teilnehmer der abendlichen Veranstaltung ein ganz besonderes Geschenk im Gepäck: Vier aktuelle Abfüllungen aus der Koval Distillery. Der Name sagte mir etwas, geschmacklich war ich damit jedoch bislang nicht in Berührung gekommen. Vier Whiskeys aus einer Brennerei, noch dazu hergestellt aus unterschiedlichen Getreidesorten – das ist dann doch Motivation genug, sich endlich einmal näher damit zu beschäftigen. Und deshalb gibt es heute eine Premiere: Den ersten Beitrag über amerikanischen Whiskey. Ein dickes Dankeschön für die Miniaturen geht jetzt schon einmal an „WhiskyJason“!

Koval Distillery – from grain-to-bottle

Nicht Kentucky, nicht Tennessee, nein, die Reise geht nach Chicago, Illinois. Die Koval Distillery, gegründet im Jahr 2008 durch den Österreicher Robert Birnecker und seiner US-amerikanischen Frau Sonat, ist die erste neu gegründete Brennerei im Bundesstaat seit mehr als 150 Jahren. So ist zu lesen, dass beide ihre akadamische Laufbahn aufgaben, um die Tradition des Destillierens und die Techniken von Roberts österreichischem Großvater nach Amerika zu bringen.

Gebrannt wird in kleinen Chargen aus 100% Bio-Getreide („organic“). Der Name Koval ist Jiddisch und hat mehrere Bedeutungen. Er kann sowohl für “Schmied” stehen, aber er kann auch “schwarzes Schaf” oder jemand, der etwas voran treibt oder Außerordentliches tut, bedeuten. Wie es zu dem Namen für die Brennerei kam, ist auf der offiziellen Homepage nachzulesen:

Sonat Birneckers Urgroßvater erhielt den Spitznamen Koval, als er im Alter von 17 Jahren seine Familie überraschte und in den frühen 1900er Jahren von Wien nach Chicago auswanderte. Zufälligerweise ist der Name von Roberts Großvater (an dessen Seite Robert die Kunst der Destillation lernte) Schmid. Sonat und Robert wählten den Namen Koval, um beide Männer zu ehren. Es ist auch als Reflektion ihrer eigenen, außergewöhnlichen Entscheidung gedacht, gesicherte Arbeitsplätze in DC aufzugeben um nach Chicago zu ziehen und dort ein Familienunternehmen von Grund auf aufzubauen. – Koval Distillery

Nach der „grain-to-bottle“ Philosophie wird jeder Schritt der Herstellung in Chicago durchgeführt und überwacht. Das Wasser stammt aus dem Lake Michigan. Die Fassreifung erfolgt stets in frischen Fässern aus amerikanischer Weißeiche, hier allerdings nicht in einem Standard Barrel, sondern in der besonderen Größe von 30 Gallonen, was 115 Litern entspricht. Alle Fässer werden als Einzelfässer abgefüllt.

Koval Rye

Den Auftakt macht der Koval Rye, welcher zu 100% aus Roggen gebrannt wurde. Das Getreide stammt von einem lokalen Bauern-Kollektiv aus dem Mittleren Westen der USA. Roggen? Moment, da fällt mir im Zusammenhang mit Koval noch etwas ein. Vor einiger Zeit hatte ich einmal über einen 28jährigen North British Single Grain von Murray McDavid (hier nochmal der Artikel) geschrieben, der eine Nachreifung in Koval Rye Fässern erhielt. Die Fässer hatten dem Single Grain tatsächlich nach eine intensive Roggennote verpasst.

Kräftige Getreidenoten gibt es auch beim Koval Rye. Ein Aroma wie ein frisches Roggenbrötchen. Dazu eine Süße von getrockneten Bananen, Kokosflocken, Honig und Karamell. Durchaus intensive Nase mit dezenten Röstaromen und Holznoten. Eine schwer definierbare Kunststoffnote meine ich im Hintergrund auszumachen. Nicht unbedingt störend, aber doch stets gegenwärtig. Nun treten Zitrusnoten hervor, allerdings keine frischen Früchte, eher an kandierte Zitronen und Orangen erinnernd und schließlich sind es eingelegte Litschis aus der Dose, die den Ton angeben.

Am Gaumen sehr weich. Von der Textur her so, als hätte man ein Bonbon im Mund. Bananen und Äpfel, zusammen mit Honig und Getreidenoten. Die 40% vol. (80 Proof) sind angenehm leicht, ohne dass dieser Roggenwhiskey wässrig wirkt. Der Nachklang lässt Holz- und Pfefferaromen sowie eine herb-süße Bitterkeit nach Orangen- und Zitronenschale zurück, fällt jedoch vergleichsweise kurz aus.

Koval Rye 80 Proof

Koval Bourbon

Kommen wir zum Bourbon Single Barrel. Für einen kurzem Moment wäre ich fast geneigt zu sagen, ich habe hier einen jungen Grain-Whisky im Glas, so süß wie der erste Antritt hier ausfällt. Dann treten doch die typischen Bourbon-Noten hervor. Frisch geschnittenes Holz, viel Vanille, Karamell und warme Maiskolben bilden eine süße und recht würzige Melange in der Nase.

Die so oft bei Bourbon beschriebenen Klebstoffnoten halten sich äußerst angenehm im Hintergrund. Etwas Fensterkitt und Holzlack sind da, aber nicht so dominant nach vorne preschend, wie dies sonst oft der Fall ist und von vielen Genießern als unangenehm empfunden wird. Überraschend würzig ist der Single Barrel, Kardamom und Pfeffer könnten es sein, dafür weniger Frucht. Jedenfalls keine frischen Früchte, eher ein etwas künstlich wirkendes Fruchtaroma. Erinnert mich an Weingummis (gibt es Weingummis mit Mangogeschmack?), vielleicht auch diese Weingummi-Kirschen. Schwierig auszumachen. Die 47% vol. (94 Proof) sind angenehm eingebunden. Kein Stechen in der Nase, sondern insgesamt weich und rund.

Der Antritt am Gaumen ist pfeffrig und würzig. Weitaus weniger süß, als die Nase angekündigt hat. Etwas Vanille und Karamell ist noch da, aber die würzigen Holzaromen überwiegen, gepaart mit einer leichten Schärfe von weißem gemahlenem Pfeffer. Durchaus angenehme Textur, recht ölig, aber auch ein wenig flach. Ich hätte einen etwas voluminöseren Geschmack erwartet. Er wirkt stattdessen sehr leicht, was sich dann auch in einem eher kurzen Nachklang bemerkbar macht. Holzaromen, ein Hauch Vanille und Lackritz bäumen sich noch einmal auf, bleiben allerdings nicht lange.

Koval Bourbon Single Barrel 94 Proof

Koval Four Grain

Als nächstes kommt der Koval Four Grain ins Glas. Er wird aus einer Maische destilliert, die sich aus Hafer, Gerstenmalz, Roggen und Weizen zusammensetzt. Dieser Whiskey reift in stark ausgebrannten, neuen Eichenfässern aus Minnesota und wird als Single Barrel mit 47% vol. (94 Proof) abgefüllt.

Dominantes Bananenaroma in der Nase in allen Varianten: reife Banane, kandierte Banane und Bananenchips. Dazu süßes Popcorn und Getreide im Zusammenspiel mit Karamell- und Honignoten, Orangeschale, Zitrone und kandiertem Ingwer. Sehr ansprechende Nase für meinen Geschmack!

Vollmundiger, sehr cremiger, aber zugleich auch prickelnder Antritt am Gaumen. Honig und saftige Orangen, herbe Orangenschale, Popcorn und Ingwer. Auch im Nachklang bleibt die Bitterkeit der Orangenschale noch eine Weile am Gaumen, ebenso wie süßlich-scharfer, kandierter Ingwer, Lakritz sowie Holz- und Getreidearomen. Angenehmes Zusammenspiel aus Süße und Würze. Bislang der komplexeste der hier verkosteten Whiskeys.

Koval Four Grain 94 Proof

Koval Millet

Hirse? Die machen scheinbar auch vor keinem Getreide halt! Soweit ich weiß, ist dieser Millet auch derzeit der einzige Whiskey, der zu 100% aus Hirse hergestellt wird. Abgefüllt als Single Barrel mit 40% vol. (80 Proof).

Dennoch sind die Aromen, die da aus dem Glas strömen recht vertraut. Riecht zunächst einmal wie ein süßer Single Grain. Sehr frisch in der Nase, süßes Getreide, viel Vanille und Karamell, Zuckerwatte und Banane. Nicht allzu komplex, aber dennoch mit schönen Aromen.

Am Gaumen weich und ölig mit viel Vanille, überreifen Bananen, Getreide, etwas zart bitterer Orangenabrieb und kandierter Ingwer. Auch der Nachklang ist eher weich, aromatisch, wenngleich auch recht kurz. Die zarte herb-fruchtige Bitterkeit der Orangen kommt noch einmal stärker durch, zusammen mit dezenten Holzaromen. Durchaus angenehm!

Koval Millet 80 Proof

Fazit

Ein sehr interessantes Produkt. Die Abfüllungen fallen im Kern recht ähnlich aus: Getreide, Vanille, Karamell und Banane bilden für mich den Kern der Aromen der einzelnen Whiskeys, die sich dann durch einige Nuancen doch voneinander unterscheiden, wobei ihre Herkunft stets erkennbar bleibt. Der Four Grain war für mich der vielschichtigste, dicht gefolgt von dem sehr aromatischen, wenngleich auch recht süßen Millet.

Nochmals herzlichen Dank an WhiskyJason für die Sample. Die Originalflaschen durfte an diesem Abend Norman Bartel („Whiskybabbler„) mit nach Hause nehmen. Norman hat dankenswerter Weise für diesen Beitrag einige Bilder der Flaschen zur Verfügung gestellt. Auch dafür herzlichen Dank!

Björn Bachirt

Links:

YouTube-Kanal von WhiskyJason

Jason hat auch ein nettes Video zu einem Koval-Blindtasting im Selbstversuch online gestellt:

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