Port Charlotte Roadshow

Wie vielfältig Bruichladdichs Marke Port Charlotte ist, durften Teilnehmer der diesjährigen Roadshow durch die Laddie Crew Stores erleben. Ich war bei Schlüter’s Genießertreff zu Gast.

Vielfalt hat verschiedene Gesichter. Sie kann sich in einer Verkostungsreihe dadurch zeigen, dass ich unterschiedliche Qualitäten verschiedener Brennereien und Regionen miteinander vergleiche, um deren Stile kennenzulernen. Sie kann aber auch dadurch zum Ausdruck kommen, sich an einem Abend nur mit einer einzelnen Brennerei zu beschäftigen und die faszinierende Spielart der Fässer und Rezepturen zu erfahren. Die auf Islay gelegene Brennerei Bruichladdich führt sogar drei Marken in ihrem Portfolio, den ungetorften (unpeated) Laddie, den heavily peated Port Charlotte und den super heavily peated Octomore. Dazu ist die Destillerie noch bekannt dafür, besonderen Wert auf ausgezeichnete Fässer zu legen, die in der Regel nicht häufiger verwendet werden, als bis zu einer dritten Befüllung und überdies nur mit einer Höchstdauer von 25 Jahren. Ausnahmen freilich ausgenommen. Ebenso unterhält die Brennerei hervorragende Beziehungen zu namhaften Weingütern und Bodegas.

Vor etwa zwei Jahren präsentierte Bruichladdich Brand Ambassador Ewald J. Stromer auf der Masterclass Tour schwerpunktmäßig die damalige 8er Octomore-Reihe (hier findet Ihr nochmal den Artikel dazu). In der diesjährigen Roadshow durch die Laddie Crew Stores stand in insgesamt acht Veranstaltungen die Marke Port Charlotte im Fokus, wobei Ewald diesmal auf der ersten Hälfte der Tour von Master Distiller Adam Hannett höchstpersönlich begleitet wurde. Auf der zweiten Hälfte sollte dann Production Manager Allan Logan den Gästen näher bringen, was Port Charlotte ausmacht.

Wenn es anders kommt…

Aber es gibt dieser Tage ein Gesellschaft und Wirtschaft allseits beherrschendes Thema, welches auch an einem so geselligen Abend nicht ausgeblendet werden kann. Und so sah sich auch Bruichladdich gezwungen, die Teilnahme von Allan Logan kurzfristig abzusagen. Eine sicherlich nachvollziehbare Entscheidung, die es zu respektieren gilt. Die schottische Hebrideninsel Islay hat insgesamt ca. 3.100 Einwohner, einen vergleichsweise hohen Altersdurchschnitt und nur ein einziges Krankenhaus. Ein gesundes Maß an Vorsicht und Verantwortung ist durchaus verständlich. An dieser Stelle sei aber bereits gesagt, dass die Veranstaltungen mit Allan Logan im Herbst 2020 nachgeholt werden sollen.

Auch, wenn ich die kurzfristige Absage sehr bedauert habe, so ließ der Abend dennoch keine Wünsche offen (bis auf die Fassprobe des 16 Jahre alten Port Charlotte aus dem Bourbon Cask vielleicht…), denn wer Brand Ambassador Ewald J. Stromer kennt, der weiß, er lebt (und liebt) die Marke Bruichladdich und vermag es wie kaum ein anderer Markenbotschafter, seine Gäste mit Wissen, Charme und zahlreichen Anekdoten vorzüglich zu unterhalten.

Überdies waren Dirk Schlüter und sein unermüdliches Team erneut bestens aufgelegt, präsentierten zu Beginn mit dem The Botanist einen spritzig erfrischenden Gin Tonic zur Begrüßung und sorgten auch sonst mit einem Pausensnack und der aufgestellten Photobox dafür, dass sich die Gäste rundum wohlfühlen durften. Der Hausherr hatte es sich sogar nicht nehmen lassen, eigens noch in der Konditorei Schmitz Port Charlotte Whisky-Pralinen herzustellen.

Das Line-up

Dazu durften folgende Qualitäten verkostet werden, wobei das Line-up kurzfristig um zwei Octomore-Abfüllungen geändert wurde:

  • Port Charlotte 10 Jahre
  • Port Charlotte Islay Barley 2011
  • Port Charlotte Islay Barley 2012
  • Port Charlotte MRC:01
  • Port Charlotte OLC:01
  • Octomore Dialogos 10 Jahre 2nd Edition
  • Octomore 10.4

So bot sich auch mir die Gelegenheit, selbst bekannte Qualitäten in einem anderem Umfeld, vor allem aber im direkten Vergleich zu verkosten und noch einmal neu, oder anders kennenzulernen.

Wo steht Port Charlotte eigentlich?

Dabei ist es gar nicht so selbstverständlich, dass wir hier gemeinsam saßen und unseren Port Charlotte genießen durften. Die Marke als solche stand lange Zeit im Schatten der ungetorften „Laddies“ und extrem getorften Octomores. Und auch wenn Rémy Cointreau nach der Übernahme der Brennerei den Verantwortlichen in der Produktion stets freie Hand gelassen hat, so gab es dennoch zuweilen Bedenken, ob die Marke Port Charlotte in Anbetracht der Verkaufszahlen wirklich weitergeführt werden sollte. Es war allerdings stets ein persönliches Anliegen von Master-Distiller und World Ambassador Jim McEwan, einen typischen Islay Whisky zu kreieren, für den er Port Charlotte seit jeher gehalten hat. Und dieser Weg wird auch von Adam Hannett und Allan Logan konsequent weitergeführt. Es ist ein wenig verrückt, aber mehr Aufmerksamkeit erhielt Port Charlotte schlagartig durch das veränderte (und sicherlich nicht unumstrittene) Flaschendesign, welches hin und wieder auch gerne mal als „Ölfass“ bezeichnet wird, zweifelsohne aber sich von dem Design anderer Flaschen abhebt und daher doch heraussticht. Seitdem hat sich die Marke aus ihrem anfänglichen Schattendasein erhoben.

Die Rückkehr zur Altersangabe

Zudem führte Adam Hannett mit dem 10 jährigen Port Charlotte wieder einen Standard mit Altersangabe in die Core Range der Marke ein (übrigens laut Ewald eines der wenigen Dinge, die dem Meister Jim McEwan zu seiner Zeit nicht gelungen war). Schon bei Release hatte ich die Entscheidung zu einer Altersangabe sehr begrüßt, wobei mich auch schon damals die Qualität absolut überzeugte. Frische Zitrusaromen, Vanille und dazu eine angenehme malzige Süße spielen mit einem klaren, aromatischen BBQ-Rauch. Dazu bringt der Anteil an 2nd-Fill französischen Weinfässern noch ein angenehm würziges Aroma in den Whisky, dessen Basis überwiegend 1st-Fill Bourbonfässer bilden.

Zwei Ernten

Nicht weniger spannend fiel der Vergleich aus zwei Ernten aus.

Sowohl der Islay Barley 2011, als auch der 2012er Jahrgang verkörpern nichts weniger als eine der Säulen der Brennerei, die seinerzeit Mark Reynier und Jim McEwan etablierten. Ein echter Islay Single Malt sollte auch zu 100% von der Insel stammen. Die Regularien der Scotch Whisky Association sehen dagegen für einen Islay Whisky lediglich vor, dass dieser auf der Insel gebrannt wurde. Lagerung / Reifung und Abfüllung können also durchaus auf dem schottischen Festland erfolgen. Dagegen schwebt Bruichladdich vor, dass ein „echter“ Islay Single Malt von der Destillation über die Reifung bis hin zur Abfüllung seine Zeit auf der Insel verbringen sollte.

Mark Reynier ging sogar noch einen Schritt weiter. Wie aus dem Weinanbau bei der Herkunft der Trauben bekannt, sollte auch der Boden auf dem die Gerste für die Whiskyherstellung angebaut wird, das „Terroir“, für den späteren Geschmack von Bedeutung sein. Bei einem Destillat mit Fassreifung sicherlich nicht unumstritten, gleichwohl aber ein Ansatz mit Nachhaltigkeit. Denn wurde zuvor Gerste auf Islay lediglich für die dortige Viehwirtschaft angebaut, so animierten Jim McEwan und Mark Reynier die lokalen Bauern dazu, Gerste wieder für die Whiskyherstellung zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile arbeiten wieder 20 Bauern ausschließlich für Bruichladdich. Und Rémy Contreau investiert aktuell in den Bau einer eigenen Mälzerei auf Islay, die künftig sogar den Bedarf der Brennerei decken soll.

Sowohl der 2011er Islay Barley, als auch der 2012er sind in der Machart identisch, reiften diese Single Malts 6,5 Jahre zu 75% in 1st-Fill American Whisky Casks und zu 25% in 2nd-Fill französischen Weinfässern. Durch die bewusste Entscheidung, diesen Whisky vergleichsweise jung abzufüllen, soll der Geschmack der Gerste mehr zum Tragen kommen. Die Unterschiede in der direkten Querverkostung erstaunlich. Ob dies nun tatsächlich an den unterschiedlichen Ernten, oder doch vor allem auf die jeweiligen Fässer – keines ist schließlich wie das andere – zurückzuführen ist, vermag ich nicht abschließend zu bewerten.

Faszinierend ist das Ergebnis dennoch. Präsentiert sich der Islay Barley 2011 mit einer angenehmen Zitrusfrische, kommt bei dem 2012er mehr der typische Laddie Charakter aus teigigen, zuweilen nach meinem Geschmack etwas käsigen Noten, mit Nuancen von Heu und Stroh zum Tragen.

Exploration Casks

Dagegen überzeugt der aus der Exploration Cask-Reihe stammende MRC:01, der mich schon bei seinem Erscheinen direkt begeisterte, anfänglich mit einer mineralisch-erdigen Note, wie bei einer Wanderung durch einen Weinberg an heißen Tagen, wenn das mineralisch-kalkige Aroma förmlich auf der Zunge liegt. Dazu gesellt sich eine beerige Süße. Dieser Whisky reifte jeweils zunächst zu 50% in 1st-Fill-Bourbonfässern und 2nd-Fill französischen Weinfässern, bevor er eine Nachreifung in Fässern eines sehr bekannten und geachteten französischen Weinguts erhielt, dessen Name Bruichladdich aus rechtlichen Gründen nicht nennen darf und daher auf Abkürzungen wie MRC zurückgreift.

Nicht weniger spannend war die erste Kostprobe des Nachfolgers, den wir wohl in einigen Wochen auf dem Markt sehen werden. Der OLC:01 reifte zwei Jahre in Oloroso Sherryfässern aus der Bodega Fernando De Castilla nach, in denen zuvor über 30 Jahre lang Sherry lagerte. Daraus ist ein sehr eleganter, Sherryfass gereifter Port Charlotte geworden mit einer intensiv nussigen Note, gefolgt von Schokolade, Kaffee und einer feinen fruchtigen Süße.

Wie alt darf ein Octomore sein?

Den Abend ließen wir mit zwei Ocotomore Abfüllungen ausklingen, die unterschiedlicher nicht sein können. Auf der einen Seite der Octomore Ten 2nd Edition, dessen Gerste mit 167 PPM getorft ist sowie der aktuelle, gerade einmal 3jährige Octomore 10.4 mit „nur“ 88 PPM, was ja geradezu lächerlich für einen echten Octomore klingt. Wegen seiner kürzeren Reifedauer ist der Rauch des 10.4 allerdings deutlich dominanter als bei dem 10jährigen, der dagegen weitaus gefälliger und geschmeidiger ausfällt mit feinen Zitrusnoten, Vanille und Schokolade.

Der 10.4 bringt dagegen mehr Lagerfeuer und Asche hervor, bevor sich Noten von Vanille, Tabak und Schokolade ankündigen. Extrem ölig, kleidet eine anfängliche, vanillige Süße den Mundraum aus, bevor Leder, Tabak und Asche in einem extrem langen Nachklang münden. Ob nun drei, oder zehn Jahre, beide sind vorzügliche Vertreter der Octomore-Familie.

Fazit

Diese direkten Vergleiche aus einer Brennerei, haben ihre ganz eigene Faszination. Wie unterschiedlich selbst Abfüllungen einer Marke ausfallen können, die in einer vergleichsweise engen Zeitfolge erschienen sind. Wenn die Qualitäten dazu noch so fachkundig und unterhaltsam präsentiert werden, darf man wohl von einem sehr gelungenen Abend sprechen. Dem hervorragend aufgelegten Team um Dirk Schlüter gelang es, trotz aller Widrigkeiten, den Gästen ein spannendes Whiskyerlebnis zu präsentieren. Nun bleibt zu hoffen, dass dem Nachholtermin mit Allan Logan im Herbst nichts mehr im Wege steht.

Björn Bachirt

Links

Bruichladdich
Schlüter’s Genießertreff

Disclaimer: Zu dieser Veranstaltung wurde ich von dem Gastgeber eingeladen. Kosten für Anfahrt und Logis habe ich selbst getragen. Bilder zu diesem Beitrag wurden vom Veranstalter gestellt.

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