Ledaig, 13 Jahre, Amontillado Cask Finish

„Knuspriger Torf“, das war das Erste, was ich zu dieser limitierten Abfüllung aus dem Hause Tobermory las. Die Umschreibung stammt aus einem Post von Marcel Siebert (Sieberts Whiskywelt), in welchem er eines abends spontan seine Eindrücke zu diesem Single Malt schilderte. Was er genau damit meinte, weiß ich zwar nicht, aber es klingt spannend…

Bei meinem letzten Besuch in München hatte ich dann Gelegenheit, diesen 13jährigen Ledaig mit Amontillado Finish zu probieren und war direkt eingenommen von seiner intensiven Aromenfracht. Wie gut, wenn man auf seinen fachkundigen Händler vertrauen kann, der einem die Möglichkeit zur Verkostung gibt, denn blind hätte ich mir die Flasche für ca. 98 € (0,7 Liter) wohl nicht bestellt. Auch wenn es sich um eine Fassstärke mit 59,2% vol. handelt, ist er für eine 13jährige (limitierte) Originalabfüllung dennoch kein Schnäppchen. Das vermag den Gesamteindruck diesmal aber nicht zu trüben, denn hier hatte ich einen der bislang besten Single Malts diesen Jahres im Glas.

Tobermory kommt zur Ruhe

Er stammt aus einer der ältesten, kommerziell brennenden Destillerien in Schottland und der derzeit einzigen auf der Isle of Mull. Gegründet im Jahr 1798 von dem Kelp (Seegras) Händler John Sinclair, erhielt die Destillerie 1823 offiziell ihre Brennlizenz. Damals hieß sie noch Ledaig, was aus dem gälischen übersetzt so viel wie „sicherer Hafen“ bedeutet.

Wie so viele schottische Brennereien blickt sie auf eine wechselvolle Geschichte aus Schließungen, Umbenennungen und Wiedereröffnungen zurück. Zum ersten Mal wurde im Jahr 1837 die Produktion für 40 Jahre eingestellt. Nach der Wiedereröffnung 1878 versuchten verschiedene Besitzer ihr Glück was jedoch 1930 in einer weiteren Schließung für erneut 40 Jahre mündete. Mit dem Erwerb durch Kirkleavington Property im Jahr 1979 produzierte die Brennerei erstmals unter dem Namen Tobermory Distillers. Nach einer erneuten Schließung im Jahr 1980 übernahm 1993 das Unternehmen Burn Stewart (Bunnahabhain, Deanston) das Kommando, welches 2013 an die südafrikanische Distell Group verkauft wurde.

Tobermory produziert im halbjährlichen Wechsel ungetoftes Destillat, welches später unter dem Namen der Brennerei abgefüllt wird, sowie getorften Brand, der unter dem Label Ledaig in die Flasche kommt. Seit dem 31. März 2017 ist die Brennerei allerdings wegen aufwendiger Renovierungsarbeiten für zwei Jahre geschlossen.

Da Tobermory selbst über kaum Lagerkapazitäten verfügt, lagern die Fässer überwiegend bei den Schwesterbrennereien Bunnahabhain und Deanston und kommen erst die letzten zwei Jahre vor Abfüllung zurück auf die Insel Mull.

Amontillado?

Nachreifungen von Single Malts in Oloroso- oder PX-Sherryfässern kennt man auf dem Markt zu Genüge. Dagegen werden Fässer, die zuvor mit der Sorte Amontillado belegt waren, eher selten verwendet. Amontillado Sherrys reifen zunächst einige Jahre unter einer Florhefeschicht, die sodann durch Zugabe von Weindestillat, welches auf mindestens 17% vol. Alkohol aufgesprittet ist, abgetötet wird. Anschließend darf der Sherry mehrere Jahre weiter oxidiert reifen und soll dabei vor allem nussige und pfeffrige Aromen ausbilden.

Wie lange nun dieser Ledaig in Amontillado Fässern nachreifen durfte, wird auf dem Etikett nicht verraten. Soweit ich das recherchieren konnte, müsste die Reifedauer etwa zwei bis drei Jahre betragen haben, nachdem er zuvor in Ex-Bourbonfässern ruhte. Auf Kältefiltration wird ebenso verzichtet, wie auf die Zugabe von Farbstoff.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen…

Notes

Kraftvoll und Intensiv. Torfrauch und Süße springen einen förmlich an. Eine speckige Note habe ich in der Nase, wie angebratener knuspriger Speck, Asche und glimmender Tabak. Nun kommt die bei Ledaig so oft beschriebene Schuhcreme dazu, begleitet von süßen Noten eines salzigen Karamelltoffees, Rosinen und getrockneten Pflaumen.  Der Alkohol ist schon recht präsent, transportiert aber reichhaltige, komplexe Aromen in die Nase, wie etwa Gewürznelke und Sternanis sowie geschroteter schwarzer Pfeffer. Dazu gesellen sich saftige Trauben, Erdbeeren und Pflaumen,  kandierte und getrocknete Früchte, stets eingebunden von der allseits präsenten, warmen Torfnote, Malz und Tabak. Herrlich komplex!

Intensiv süßer, prickelnd würziger Antritt am Gaumen. Rosinen, Datteln, Karamell und Toffee legen sich förmlich auf die Zunge, schwer, cremig, fett und süß. Die Süße geht nach einer Weile im Mund in eher würzige und fruchtige Noten über und wird abgelöst von reifen Trauben, Erdbeeren, Pflaumen, Sternanis, viel schwarzem Pfeffer, etwas Asche und Holz. Der Alkohol schiebt schon mächtig an, sorgt aber zugleich für diese wunderbare Fülle an Aromen. Allerdings wird der Ledaig nun etwas trockener, mit einem Hang zur Adstringenz. Nicht störend, aber ich bin gespannt, wie sich das im Nachklang verhält.

Das Finish ist lang, sehr lang, jetzt aber doch noch einmal deutlich trockener. Mokka/Espresso-Noten, Asche, und Tabak. Für einen Moment denke ich so bei mir: „Warum muss er jetzt so trocken werden?“ Ich mag die süßen, fruchtig verspielteren Malts und empfinde zu viel Trockenheit im Nachklang doch zumeist eher als störend. Aber dann überrascht mich dieser Ledaig noch einmal, weil nun getrocknete Früchte wie Rosinen und Datteln zurückkehren sowie frische schokolierten Früchte, wie man sie vom Jahrmarkt kennt, wobei deren Aromen nun durch eine angenehme Nussigkeit (Paranüsse) ergänzt werden, welche die Trockenheit wieder ablöst. Ich bin sofort versöhnt mit diesem komplexen Finish, das allerdings Aufmerksamkeit verlangt.

Mit einer Alkoholstärke von 59,2% vol. lädt der Ledaig dazu ein, ihm etwas Wasser hinzuzufügen. Für meinen Geschmack bringt dies Zitrusnoten, kandierte Zitrusfrüchte und Vanille hervor, betont also eher die Aromen aus den verwendeten ehemaligen Bourbonfässern. Insgesamt verliert er aber etwas zu sehr an Intensität.

Fazit

Ein mächtiger Ledaig! Intensiv, schwer und komplex! Kein Dram für zwischendurch, sondern ein abendfüllendes Erlebnis. Zuletzt war er noch bei einigen Händlern erhältlich, was mich ausnahmsweise einmal zu einem Nachkauf inspiriert hat.

Björn Bachirt

Links:

Der von mir so geschätzte Norman Bartel (Whiskybabbler) hatte den Ledaig auf seinem Kanal ebenfalls verkostet:

 

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