Glenfarclas Family Casks, Vintage 1993, Cask No. 1598

Wann ist eigentlich der richtige Moment, eine ganz besondere Flasche Single Malt Whisky zu öffnen? Die Antwort kann nur lauten: Immer!

Denn häufig ist zu lesen: „Diesen Single Malt hebe ich mir für einen ganz besonderen Moment auf.“ Dagegen ist ja dem Grunde nach nichts einzuwenden, besondere Augenblicke auch mit einem außergewöhnlichen Whisky zu ehren. Aber, wer kann schon sagen, was morgen ist und welche Gelegenheiten noch auf uns warten. Der richtige Moment ist immer jetzt.

Und für solch einen Augenblick habe ich heute einen ganz besonderen Single Malt herausgeholt – einen Glenfarclas aus der Family Casks Reihe, destilliert 1993 und abgefüllt am 03.07.2018 mit 53,3% vol.. Dieser Malt aus Fass No. 1598 durfte in einem 4th Fill Butt reifen.

Vierte Befüllung? Die Angabe erstaunt erstmal, klingt ein zum vierten Mal befülltes Fass doch zunächst danach, als könnte ein solches einem Whisky nicht mehr allzu viele Aromen vermitteln. Wir haben dies letztens in einem Online-Chat der lieben Kollegen von Whiskygraphie einmal mit der wunderbaren Julia Nourney (u.a. Autorin beim Highland Harold und Gründerin des C2C Spirits Cup) diskutiert. Es handelt sich natürlich nicht um „ausgelutschte“ Fässer, die Glenfarclas da für seine ganz besonderen Family-Casks verwendet. Derartige Fässer werden vermutlich zuvor eher für kürzere Nachreifungen genutzt worden sein, bevor unser heutiger Single Malt darin nahezu (?) 25 weitere Jahre verbringen durfte.

Glenfarclas Family Casks 1993

Tasting Notes

Die erste Nase ist einfach fabulös. Eine feine Süße strömt aus dem Glas, einladend, tiefgründig begleitet von einer sanften Fruchtigkeit und Würze. Nichts drängt zunächst markant nach vorne. Vielmehr sind die Aromen in einer herrlichen Komplexität miteinander verwoben, als würde dieser Single Malt einem zuflüstern: „Du musst Dir schon Zeit nehmen und mich erkunden!“. Deshalb schenke ich mir noch ein zweites Glas ein, stelle es beiseite, um den Malt darin noch etwas atmen zu lassen.

Assoziationen von Toffee und Puderzucker bilden sich im Kopf, rote Johannisbeere, Erdbeere, Zwetschge, Marille und Aprikose. Die Fruchtigkeit erinnert mich zuweilen an einen alten, fassgelagerten Marillenbrand, wäre da nicht diese feine Würze aus dezenten Eichenholznoten und einem Hauch Majoran und Liebstöckel. Mir gefällt besonders diese spürbare Würzigkeit, welche die fruchtige Süße galant begleitet. Daran schließen sich Mandel- und Walnussnoten an.

Zeit für den ersten Schluck, bei dem dieser Glenfarclas angenehm süß und samtig auf die Zunge rollt. Keinerlei Schärfe zu Beginn. Vielmehr baut sich eine intensive Fruchtigkeit auf, je länger er im Mund bewegt wird. Saftige Aprikosen und Pfirsiche, Marillen und rote Beeren (Johannisbeere, Erdbeere). Im Nachgang hierzu dann wieder die Kräutrigkeit, die schon im Geruch vorhanden war, sich nun am Gaumen fortsetzt und einen angenehmen Kontrast zum süßen Antritt bildet.

Diese setzt sich auch im durchaus langen Nachklang fort, ebenso wie die Aromen von Pfirsich, Marille und Erdbeere. Erst allmählich baut sich eine leichte Trockenheit auf, mit Noten würziger Eiche, Mandel und einem Hauch Zartbitterschokolade.

Fazit

Eine wohlschmeckende Symphonie, die Glenfarclas hier komponiert hat. Das Zusammenspiel aus filigraner Süße, Fruchtigkeit und Würze steht wunderbar in Einklang miteinander. Allzu viele Malts aus der Family Casks Reihe konnte ich noch nicht verkosten, aber die zuweilen anzutreffenden Schwefelnoten fehlen hier gänzlich. Eine wunderbare Komposition. Ganz besonderer Dank gilt Ingo Dittert für diese Empfehlung, denn andernfalls wäre mir wohl der beste Glenfarclas entgangen, den ich bisher im Glas hatte. Slainte!

Björn Bachirt

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