Octomore 06.3

Wenn ich so an Octomore denke, dann vor allem an die schönen Begegnungen mit dem 06.3. Zeit, ihm endlich einmal einen Tagebucheintrag zu widmen.

Denn während die Meinungen beim „Experiment“, dem vierfach (!) destillierten Octomore X 4 von „der gibt mir so gar nichts“ bis „bombastisch“ auseinandergehen und beim aktuellen 10.4 eifrig diskutiert wird, ob man für einen dreijährigen Single Malt knapp 170 € verlangen darf, scheinen sich die Octomore-Anhänger beim 06.3 weitgehend einig – einer der besten dieser Marke!

Meine erste Begegnung ist schon eine Weile her. Damals stand ein 26 jähriger Blair Athol, gereift in einem Weinfass, aus der Cask Strength Reihe von Signatory Vintage vor mir und daneben der 5 jährige Octomore 06.3. Charakteristisch beide natürlich überhaupt nicht vergleichbar, aber sie lagen preislich recht eng beieinander. Der Blair Athol erwies sich als schwer zugänglicher Kandidat. Alter, feuchter Kartoffelkeller, muffig, Leder, Tabak, Antikmöbel, dunkel, schwer, trocken mit viel Tanninen (ja, einige von Euch werden jetzt sagen: „Was will er denn? Klingt doch fantastisch!“) Er wird auch sicherlich seine Liebhaber gefunden haben, aber mein Geschmack war es nicht. Und daneben, der Octomore, ein Gedicht in mehreren Strophen und in jeder Zeile etwas Neues zu entdecken und zugleich ein Beweis dafür, dass Alter für sich genommen noch kein Qualitätsmerkmal ist. Schon damals hatte er einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Die Fakten: 5 Jahre Reifung, Ex-Bourbon Casks, 258 PPM, satte 64% vol., 100% Gerste auf der schottischen Insel Islay gewachsen, Ernte 2008, Lorgba Field, Octomore Farm. Es handelte sich damals um den ersten Octomore, der zu 100% aus Gerste destilliert wurde, die nur auf Islay wuchs und verkörperte damit zugleich den Bruichladdich Slogan: „We believe terroir matters.“

Tasting Notes

Ein angenehmer, warmer Rauch strömt aus dem Glas und spielt mit einer feinen Süße aus frisch gebackenem Biskuitboden und Getreideflocken. Wer glaubt, Octomore könne nur brachialen Torfrauch, der irrt. Selten gab es ein so fein abgestimmtes Zusammenspiel zwischen rauchigen und süßen Noten die ineinander übergehen, sich wieder voneinander trennen und den Raum freigeben für subtile Fruchtnoten getrockneter Aprikosen, Pfirsiche und in Butter geschwenkter Äpfel. Für diesen Malt mit 64% vol. habe ich bewusst den großen und vielleicht etwas klobigen Premium Snifter von Spiegelau gewählt, in dessen großer Cuppa sich die Aromen jedoch ganz ausgezeichnet entfalten und der Alkohol fast kaum wahrzunehmen ist. Ganz wunderbar eingebunden sogar. Ein wenig grasig wird der 06.3 jetzt, getrocknetes Stroh, Heuboden, etwas Salz und nach dem ersten Schluck ein intensiver Schwall karamellisierter Pfannkuchen.

Zum Octomore passt der Premium Snifter ganz hervorragend

Dieser erste Schluck rollt zunächst weich und cremig auf die Zunge, süß, wieder diese Pfannkuchen, Haferflocken, Vanille, zunehmend doch nun kräftiger werdend, aber nur mit leichter Schärfe an den Zungenrändern, stattdessen vollmundig, voluminös. Er lässt sich richtig gehend durchkauen, die Schärfe geht zurück, Äpfel und Aprikosen sind wieder da, bevor nun eine leichte Trockenheit aufkommt.

Und mit einem Mal ist auch der Rauch sehr präsent, zeigt sich in einem langen Finish. Kräftig, aschig, BBQ, geräucherter Schinken, geröstete Gerste, Eiche. Wer einmal getorfte Gerste probiert hat, findet den Geschmack direkt wieder. Knusprig, süß, dann eher würzig, mit Noten von Lakritz und Tabak.

Absolut pur genießbar, aber ich gebe dennoch mal einen Teelöffel Wasser dazu und lasse ihn noch eine Weile ruhen. Die floralen und fruchtigen Noten kommen mehr zur Geltung. Gras, frisches Heu, Apfel, Vanille, mit einer nun ausgeprägteren Lakritznote. Der Rauch ist scheinbar verflogen, auch die Süße geht zurück. Am Gaumen sodann weicher, etwas cremiger, vom Charakter her aber ähnlich, wobei auch hier die Süße spürbar dezenter ausfällt. Er gefällt mir unverdünnt dennoch besser.

Fazit

Julia Sophia Sturm, die auch schon einmal hier geschrieben hat, verwendet im Zusammenhang mit dem Octomore 06.3 gerne das Wort „Ambrosia“. Das kann ich nur bestätigen. Er gehört mit Sicherheit zu den besten der Reihe, ohne dass ich von mir behaupten mag, auch nur annähernd alle probiert zu haben. Er ist immer noch erhältlich und hin und wieder lassen sich einmal Angebote finden, die ihn kurzzeitig unter die 200 € Marke drücken. Wer Gelegenheit hat ihn zu probieren, sollte daran nicht vorbeigehen. Klare Empfehlung! Entspannt zurücklehnen und genießen…

Björn Bachirt
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