Hillock Park Distillery und Gespräch mit Michaela Habbel

Wer sich auf die Spuren des Deutschen Whiskys begibt, der kommt an den Abfüllungen aus der Hillock Park Distillery eigentlich nicht vorbei. Deshalb wollte ich unbedingt den Traditionsbetrieb der Destillerie und Brennerei Heinrich Habbel in Sprockhövel besuchen und habe mich deshalb für einen Nachmittag mit Michaela Habbel, zugleich Vizepräsidentin des Verbandes Deutscher Whiskybrenner, verabredet.

Eher unbeabsichtigt betrete ich das weitläufige Gelände über den Parkplatz auf der rückwärtigen Seite und stehe in einem von historischen Gebäuden umgebenen, kleinen Innenhof. Ich versuche es an einer der größeren Türen und befinde mich auf einmal inmitten eines großen Raumes im denkmalgeschützten Teil der Brennerei mit einer kleinen Abfüllanlage. Es herrscht reges Treiben und obwohl mir gerade auffällt, dass ich hier wohl versehentlich nicht den Haupteingang für meinen ersten Besuch gewählt habe, werde ich sehr freundlich empfangen und über eine Treppe und einem weiteren Raum mit einer Kolonnendestillieranlage geführt, in welchem an den Wänden zahlreiche Auszeichnungen sowie Bilder der Vorfahren der Familie Habbel hängen. Hier ist übrigens auch der eigentliche Eigang zur Brennerei…

Kolonnendestilieranlage Brennerei Heinrich Habbel

Die Kolonnendestilieranlage ist heute nicht mehr in Betrieb, jedoch noch voll funktionstüchtig und ein Zeuge der traditionsreichen Geschichte der Brennerei, welche neben Whisky ausgezeichnete Brände, Geiste und Liköre herstellt. Einige Kostproben durfte ich verriechen und war begeistert, wie intensiv und doch natürlich die Aromen sich in dem zarten Destillat entfalten.

Von diesem Raum aus gelange ich über eine weitere Treppe in das benachbarte Restaurant.

In dem gemütlichen Ambiente lässt es sich doch bei einer Tasse Kaffee hervorragend über die Geschichte der Destille plaudern – oder noch besser, mit einem Glas Whisky, denn Michaela stellt mir den aktuellen 7,5 Fünfzehntel Single Malt, den Nachfolger des 6,5 Vierzehntel, vor. Wieso eigentlich 7,5 und wieso überhaupt Fünfzehntel? Dieser Single Malt ist ein Vatting aus Whiskies, die je 7,5 Jahre und 15 Jahre reiften. Er stammt aus ehemaligen Bourbon- und Cognac Fässern sowie einem Ex-Islay Fass und erhielt zudem noch ein Finish in einem ehemaligen Islay Sherry Butt. Bei der Herstellung des Destillats kamen gleich drei Sorten Malz zum Einsatz: Wiener Malz, Rauchmalz und getorftes Malz. Aufwendige Handwerkskunst mit Liebe zum Produkt! Eine dezente Rauchnote ist tatsächlich spürbar, es überwiegen allerdings eher die fruchtigen süßen Aromen, leicht kräutrig mit Vanille und Honig. Wir sind also direkt im Thema.

Eine so lange Reifung ist derzeit eher unüblich bei deutschen Herstellern. Michaela Habbel und ihr Vater sind aber überzeugt davon, dass die lange Reifezeit dem Destillat der Single Malts mehr Tiefgang und die nötige Komplexität verleiht.

Wir bringen durchaus auch jüngere Abfüllungen heraus. So erscheint beispielsweise im Mai ein vier Jahre alter Roggenwhisky. Allerdings gehört es zu unserer Philosophie, dass unsere Single Malt Whiskies mindestens sechs Jahre reifen sollten, bis sie ihr volles Potential entfalten.

Der erste deutsche Whisky

Seit 1878 ist die Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel im nordrhein-westfälischen Sprockhövel bereits im Familienbesitz. Es handelte sich ursprünglich um eine reine Kornbrennerei mit angeschlossenem landwirtschaftlichen Betrieb. Noch zu erkennen ist der vor dem Haus befindliche Holzbalken, an dem früher die Kutscher ihre Pferde angepflockt haben, ein Kran für die Anlieferung des Getreides sowie eine Nachbildung der früheren Befeuerungsanlage.

Nachgebildete alte Befeuerungsanlage der Brennerei Heinrich Habbel

Michaelas Vater, Michael Habbel, erbte die Kornbrennerei in den 1960er Jahren von seinem Vater und baute die Produktion vom reinen Korn auf Obstbrände, Geiste und Liköre aus. Und hier entstand bereits im Jahr auch der erste deutsche Whisky aus Weizen und Roggen.

„Es gab damals noch ein Monopol auf Gerstenmalz. Daher durfte zur Herstellung von Whisky in Deutschland noch kein reines Gerstenmalz verwendet werden. Ein deutscher Single Malt, also aus 100% Gerstenmalz, war damals nicht denkbar. Grundlage für den ersten Whisky in unserem Hause waren stattdessen Weizen und Roggen. Es gibt deshalb eine Sorte des ältesten Whiskies aus Weizen mit 15 Prozent Malzanteil und eine aus Roggen, ebenfalls mit 15 Prozent Malzanteil. Beide reiften 12 Jahre im Holzfass. Wir haben von diesen (Ur-)Whiskies noch ein paar Flaschen im Keller, die auch käuflich erworben werden können“, erzählt Michaela.

Seit dem Jahr 2011 ist Michaela Habbel nun in der vierten Generation in dem Familienunternehmen tätig und leitet gemeinsam mit ihrem Vater die Brennerei. Angefangen hat aber eigentlich alles schon im frühen Kindesalter von sechs Jahren, als Michaela ihren ersten Tannenspitzen-Geist gebrannt hat.

„Für mich stand eigentlich immer schon fest, dass ich im Betrieb meines Vaters mitarbeiten wollte. Es hat mich einfach fasziniert, mit Naturprodukten von unserem Hof oder aus der Region zu arbeiten und seine Kreativität auszuleben. Dabei profitiere ich heute natürlich auch von der Erfahrung meines Vaters, der schon seit seinem zwanzigsten Lebensjahr mit Leidenschaft Hobby und Beruf verbindet.“

Es folgte der konsequente Ausbau der Whiskyherstellung mit der Eintragung der Marke „Hillock“ im Jahr 2012. Der Name Hillock leitet sich übrigens aus dem Familiennamen ab, denn Habbel  bedeutet Hügelchen oder kleiner Berg, was wiederum ins englische übersetzt zu dem Namen Hillock führt. 2013 ließen Michaela und ihr Vater für die Produktion ihrer Whiskies ein eigenes Brennhaus mit dafür eigens konstruierter Brennblase bauen. Diese hat ein Fassungsvermögen von 1.700 Litern. Gebrannt wird im Pot-Still Verfahren. Der Alkoholgehalt des Destillats wird ganz traditionell mittels Thermometer bestimmt und Vor- und Nachlauf jeweils manuell per Hand abgetrennt.

Pot Still in der Hillock Park Distillery

Zu einem guten Destillat gehört freilich auch ein gutes Fassmanagement. Auch hier kann die Brennerei natürlich auf Erfahrung und Kontakte aus mehr als 40 Jahren Whiskyherstellung zurückgreifen. Bei einem Rundgang durfte ich auch das Fasslager besichtigen, in welchem vorwiegend ehemalige Bourbonfässer, etwas aus dem Hause Jack Daniels, aber auch Fässer schottischer Brennereien von der Insel Islay, ehemalige Cognac- und Weinfässer lagern.

„Die Kombination verschiedener Malzsorten, unser weiches Brunnenwasser sowie unsere Pot-Still Brennblase führen zu einem sehr feinen Destillat. Ich persönliche finde, dass gerade Bourbonfässer und Ex-Islay Fässer sehr gut damit harmonieren.“

Fässer Hillock Park Distillery

Hillock Park

Absolut zu empfehlen ist ein Rundgang über die gesamte Anlage, wobei man sich keinesfalls nur auf die Besichtigung der Whiskybrennerei beschränken sollte. Dabei ist „Hillock Park“ durchaus wörtlich zu verstehen, denn das weitläufige Areal bietet Teiche, Kräutergärten, Obstbäume und einen Bienenstock, in welchem Blütenhonig für die eigene Produktion erzeugt wird. Alles naturbelassen und nachhaltig!

Das Wasser stammt aus dem eigenen Brunnen und wird zusätzlich noch einmal enthärtet. Es fällt erstaunlich weich, ja fast schon seidig aus. Kein Vergleich zu dem, was wir allgemein als Leitungswasser kennen.

Einen kleinen Rückschlag musste die Brennerei im November 2017 erleiden, als der Anbau mit dem beliebten Tasting-Raum und dem Kamin wegen eines technischen Defekts ausbrannte. Zum Glück kamen keine Personen zu Schaden und der laufende Betrieb ist nicht beeinträchtig. Die Renovierungsarbeiten laufen bereits, denn der Anbau soll genauso wieder aufgebaut werden, wie ihn die Gäste in Erinnerung haben.

Bürokratie für deutsche Whiskybrenner

Wer sich mit Michaela Habbel unterhält der merkt schnell, dass ihr der Deutsche Whisky am Herzen liegt und sie sich auch nicht scheut, Probleme direkt anzusprechen und für ihre Überzeugung einzustehen. Das war wohl auch der Grund dafür, warum sie zur Vizepräsidenten des Verbandes Deutscher Whiskybrenner gewählt wurde und das Vertrauen der Branche genießt. Ein starker Verband wird mehr denn je benötigt, um die Interessen der Brenner zu vertreten:

„Den meisten Whiskybrennern macht der übermäßige Regulierungswahn zu schaffen. Ich selbst könnte allein eineinhalb Arbeitskräfte nur mit Verwaltungsaufgaben beschäftigen. Ein Betrieb unserer Größenordnung bekommt das noch hin, aber kleinere Brennereien werden sprichwörtlich in ihrer Arbeit kastriert. Wenn ich überlege, wie viele Kontrollen wir allein über uns ergehen lassen müssen, sei es nun durch Zollamt, Gesundheitsamt, Eichamt, Lebensmittelüberwachung, Arbeitsschutz usw. Teilweise sind die Kompetenzen nicht klar geregelt, weshalb von unterschiedlichen Behörden oftmals das Gleiche kontrolliert wird.“

Und dies führt dann hin und wieder zu absurden Forderungen, die mit der Praxis nichts zu tun haben, wie Michaela mir an zwei Beispielen erläutert:

„Vor nicht allzu langer Zeit wurde von einem Kollegen gefordert, er möge seine Fässer von außen sauber halten. Das muss man sich mal vorstellen. Wir benutzen für die Herstellung unserer Single Malts gebrauchte Eichenfässer, seien es nun ehemalige Bourbon- oder Weinfässer, oder Fässer aus Schottland. Diese von außen zu reinigen ist absurd. In einem solchen Fall hilft es, wenn sich die Whiskybrenner zusammentun, um den Behörden klar zu machen, wie unsinnig dieses Anliegen ist.

In einem anderen Fall wurde ein Kollege aus einem anderen Bundesland  aufgefordert, bei der jährlichen Inventur seine Fässer jeweils auszulitern. Dazu müssten die Fässer aber komplett entleert werden. Würden wir dies so handhaben, würden wir am Ende nie einen Whisky bekommen, denn dieser muss bekanntlich mindestens drei Jahre in einem Eichenfass reifen.“

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig auch in Zukunft erfolgreiche Verbandstätigkeit sein wird, damit nicht an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbeireguliert wird.

Kräuter und Blütenhonig

Zum Abschluss wollen wir uns aber wieder der genussvollen Seite zuwenden und deshalb gibt es noch einen Klassiker aus dem Hause Habbel, nämlich den Whisky Liqueur auf Basis eines vierjährigen Single Malts, veredelt mit Kräutern und Blütenhonig aus eigener Herstellung und abgefüllt mit, für einen Likör doch recht kräftigen 40% vol. Er verkörpert damit eigentlich alles, was die Marke Hillock ausmacht: Single Malt, Kräuter und Honig aus eigenem Anbau – ein runder Abschluss des Besuchs also.

Ein kräftiges kräutriges Aroma dominiert gleich die Nase, Thymian, Rosmarin, Majoran, der Honig eher noch dezent im Hintergrund, entfaltet dann aber am Gaumen eine kräftige, cremige Süße. Aber Achtung: die Süße täuscht gerne mal darüber hinweg, dass er doch immerhin 40% vol. hat – gefährlich süffig. Ich überlege mir schon ein passendes Dessert… vielleicht ein Zitronen- oder Himbeersorbet mit Zitronenthymian und einem Crumble.

Vielen Dank an Michaela Habbel für den interessanten Nachmittag! Besichtigungs- und Tastingtermine, sowie das Sortiment an Likören, Geisten, Bränden sowie der aktuell erhältlichen Whiskyabfüllungen sind auf der offiziellen Homepage abrufbar.

Björn Bachirt

, ,
Vorheriger Beitrag
Glenturret 22 Jahre – Barolo Wine Barrique Finish – Nymphs of Whisky Collection
Nächster Beitrag
The Whisky Cask: Zwei Mal Ben Nevis 1996, 20 Jahre, Bourbon Hogshead und Sherry Butt

Ähnliche Beiträge

Menü