The NASty side of Whisky?

Nasty – englisch für fies, übel, ekelhaft, unangenehm… Gerne wird hiermit ein Wortspiel bemüht, wenn es um sogenannte Non Age Statement Whiskys (kurz NAS) geht, also Abfüllungen, die keine Angabe zum Alter enthalten. Es scheint mir, als sei die Diskussion besonders durch Macallan’s 1824er Serie befeuert worden, in welcher die Whiskys nur noch nach ihrer Farbe benannt werden (Gold, Amber, Sienna, Ruby). Zuletzt hat sich auch der Whisky Botschafter in Ausgabe 3/2017 wieder mit einem Leitartikel dem Thema gewidmet. Der Beitrag plädiert für einen entspannteren, weniger voreingenommenen Umgang mit solchen Whiskys und gibt dem Leser am Ende mit auf den Weg, dass nicht das Alter, sondern der Reifegrad das entscheidende Qualitätsmerkmal sein dürfte. Ein Kommentar.

Wenn man die Diskussion verfolgt, geht es hauptsächlich um folgende Thesen, die immer wieder im Zusammenhang mit NAS Whiskys bemüht werden:

  • es fehlt jegliche Transparenz, wie alt der Whisky in der Flasche ist;
  • die Hersteller wollen doch nur jungen Whisky teuer verkaufen;
  • die Qualität der Abfüllungen wird immer schlechter.

Aber ist das wirklich so? Dagegen könnten die Thesen auch wie folgt lauten:

  • auch mit einer Altersangabe gibt es keine vollständige Transparenz;
  • solange Nachfrage und Produktionsmenge sich nicht ändern, wird Whisky sowieso teurer;
  • es hat nie mehr Vielseitigkeit auf dem Markt gegeben als heute.

Die Sache mit der Transparenz

„Ich lege Wert darauf, dass auf der Flasche angegeben ist, wie alt der Whisky ist.“ Mit dieser Überlegung fängt alles an – zumindest, wenn es um Single Malts aus Schottland oder Irland geht. Bei Bourbon geht man seit jeher davon aus, dass dieser in jungen Jahren schon einen hohen Reifegrad besitzt und deshalb jung abgefüllt wird. Die Angabe eines Alters bei Bourbon ist eher die Ausnahme. Ein guter Single Malt Whisky sollte dagegen lange gereift sein, mindestens 10 Jahre, am besten länger. Um das Alter und damit letztlich die Qualität des Whiskys beurteilen zu können muss/möchte ich also wissen, wie viele Jahre der Whisky in einem Eichenholzfass gereift ist. Welche Angaben erlaubt sind, schreibt u.a. die Scottish Whisky Association in ihrem Regelwerk vor. Dort heißt es auszugsweise:

Section 12:

(2) A person must not label, package, sell, advertise or promote any Scotch Whisky in a way that includes a reference relating to when it was distilled unless—

(a) the reference relates to a single calendar year;

(b) all of the whisky in the drink was distilled in that year;

(c) the presentation of the whisky also includes a reference to—

(i) the year of bottling of the whisky;

(ii) the maturation period of the whisky; or

(iii) the age of the whisky; and

(d) the reference to the year of bottling, the maturation period, or age of the whisky appears in the same field of vision as the reference to the year of distillation.

Heißt also, der Hersteller darf zunächst einmal das Jahr, in welchem der Whisky gebrannt wurde nur dann auf die Flasche schreiben, wenn sämtlicher Whisky in der Flasche aus dem gleichen Jahr stammt und zugleich das Jahr angegeben wird, in welchem der Whisky in die Flasche gefüllt wurde oder zumindest das Alter des Whiskys angegeben wird.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang weiterhin der Verweis auf die Verordnung EC 110/2008. Nach deren Artikel 12 darf eine Angabe zum Alter der Spirituose nur dann erfolgen, wenn diese sich auf den jüngsten „alkoholischen Bestandteil“ bezieht. Übertragen auf unseren Whisky heißt das: die Angabe zum Alter richtet sich nach dem jüngsten Fass, welches in die Abfüllung geflossen ist. Die meisten Abfüllungen bestehen aus einem Vatting verschiedener Fässer. Vermählt der Hersteller also in einem Batch mehrere 12 jährige Fässer, ein paar 18 jährige und jüngere 6 jährige Fässer, so darf er nur auf das Etikett schreiben, dass der Whisky eben 6 Jahre alt ist. Eine Bezeichnung wie etwa „6 bis 18 Jahre alt“ wäre nicht zulässig.

Mit einer Altersangabe kenn wir nur den jüngsten Bestandteil in der Abfüllung, im besten Fall noch das Jahr, in welchem der Whisky gebrannt und das Jahr, in welchem er in die Flasche kam. Bei unserem Beispiel wissen nur, dass unsere Flasche Whiskys enthält, bei denen der jüngste ein Alter von 6 Jahren trägt. Wieviele Fässer abgefüllt wurden, ob auch ältere Whiskys mit eingeflossen sind und wenn ja, welches Alter diese nun hatten, bleibt zumeist unbekannt und lässt sich nur selten im Netz recherchieren. Mit der vollständigen Transparenz ist es also schwierig. Da muss dann schon auf Einzelfassabfüllungen zurückgegriffen werden (erkennbar durch die Bezeichnung Single Cask, Single Barrel) die in der Regel neben dem Alter, Fassnummer, Fassart und Flaschenzahl enthalten.

Junge Whiskys, teuer verkauft

Weil das Regelwerk es nun einmal nicht erlaubt damit zu werben, dass sich in der Flasche beispielsweise 6 bis 18 Jahre alte Whiskys befinden, schreiben viele Hersteller lieber gar kein Alter drauf, denn sie fürchten, dass sich ein Whisky mit Angabe eines jungen Alters nicht so gut verkauft. Dann doch lieber ein prägnanter, werbeträchtiger Name. Es hat sich nun einmal in den Köpfen vieler Konsumenten eingebrannt, dass schottischer Whisky nur dann gut ist, wenn er möglichst lange gereift ist. Ein Vorurteil, welches sich heute so pauschal nicht mehr halten lässt.

Whisky wird teurer, ob jung oder alt. Solange die Nachfrage, insbesondere in den USA und in Asien ungebrochen hoch bleibt, wird sich die Preisspirale noch ein Stück weiter drehen lassen. Die Fassbestände in den Lagern, besonders was ältere Whiskys betrifft, sind stark angegriffen. Selbst als sicher geglaubte Standardabfüllungen wie beispielsweise der Glenlivet 18 Jahre waren zuletzt zeitweise schwerer zu bekommen.

Um die Nachfrage gleichwohl zu befriedigen, müssen jüngere Fässer angefasst werden. Zwar wird auch fleißig in neue Brennanlagen investiert (Macallan baut gerade für 100 Millionen Pfund eine neue Destillerie), jedoch vermag dies den kurzfristigen Bedarf nicht zu decken (schottischer Malt Whisky muss nun einmal mindestens drei Jahre in Eichenholzfässern reifen, bevor er sich Whisky nennen darf).

Man mag den größeren, Konzern geführten Herstellern vorwerfen, dass sie mit Blick auf die Rendite ihrer Aktionäre in Zeiten stagnierender Nachfrage nicht ausreichend vorgesorgt haben. Andererseits müssen wir uns auch als Konsumenten fragen, ob die Gier nach Abfüllungen mit immer höherem Alter das Problem nicht noch verschärft hat. Und wer kann schon genau sagen, wie hoch die Nachfrage in zehn, fünfzehn Jahren sein wird?

Unabhängige Abfüller scheinen indes weniger Berührungsängste zu haben. Hier finden sich im Sortiment deutlich mehr Whiskys mit Altersangaben von unter zehn Jahren. Angaben wie beispielsweise Fettercairn 9 Jahre, Ledaig 8 Jahre oder Arran 5 Jahre sind keine Seltenheit.

Die Kunst der Komposition

Die Herausforderung für die Hersteller ist, auch den jungen Abfüllungen Kraft und Tiefgang zu verleihen, z.B. durch Nachreifungen in Sherry- oder Portweinfässern, Amarone, Banyuls, Rum, Cabernet Sauvignon, Burgunder oder mittlerweile sogar Bierfässern (Stout, IPA) etc. Manche Experimente gehen vielleicht nicht auf, aber der Markt war noch nie mit so vielfältigen Abfüllungen bestückt wie heute.

Auf die Kunst der Komposition kommt es genauso an wie auf ein gutes Fassmanagement. Mit guten Fässern lassen sich auch bei jüngeren Whiskys beachtliche Reifegrade realisieren. Die Beliebtheit von Ardbegs Corryvreckan oder Uigeadail, Kilchomans Machir Bay oder Sanaig oder Aberlour A’bunadh beweisen, dass auch Whiskys ohne Altersangabe eine vorzügliche Qualität aufweisen können.

Björn Bachirt

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