Nachlese: Whisky’n’More 2018

Messen

Das LWL-Industriemuseum Henrichtshütte in Hattingen beherbergte am 09. und 10. März 2018 die nunmehr zehnte Veranstaltung der regionalen Messe Whisky’n’More. Also begab ich mich am Samstag ins Ruhrgebiet, um Freunde und Bekannte zu treffen und mir anzusehen, was die Aussteller in diesem Jahr so Neues im Sortiment haben.

Die Location

Die Henrichshütte in Hattingen repräsentiert Aufstieg, Entwicklung und Niedergang der Schwerindustrie im Ruhrgebiet. 150 Jahre lang wurde in dem Hüttenwerk Eisen und Stahl erzeugt, gegossen, geschmiedet und gewalzt. In Hattingen entstanden so Schienen und Radsätze für Turbinenwellen und Kernreaktoren, Panzerbleche und Granaten sowie Teile für die Weltraumindustrie. Heute sind auf dem Gelände eine Dauerausstellung sowie wechselnde Sonderausstellungen, eine Gastronomie und eine Veranstaltungshalle untergebracht.

Die Whisky’n’More findet dort nunmehr im zweiten Jahr statt, nachdem sie anfänglich im Bochumer Jahrhunderthaus gastierte. Von dort aus zog es Veranstalter Frank Gauert wegen des stetig gestiegenen Besucherinteresses zunächst in die Villa Harmonie und anschließend in die Jahrhunderthalle. Die wachsende Beliebtheit weit über das Ruhrgebiet hinaus machte jedoch einen erneuten Wechsel erforderlich. Nun scheint der Veranstalter mit der Henrichtshütte eine dauerhafte Bleibe gefunden zu haben. Bereits ab Freitagnachmittag konnten Besucher sich von dem diesjährigen Sortiment der Aussteller überzeugen. Der Auftakt wurde mit einer abendlichen Galaveranstaltung unter Moderation von Heinfried Tacke („Der Whiskybotschafter“, Autor „Whisky Guide Deutschland“) gekrönt, bei dem u.a. der diesjährige „Whisky’n’More – The Quaich 2018“ Preis in den Kategorien Lebenswerk und Newcomer verliehen wurde. Den Preis für ihr Lebenswerk ging an Maggie Miller (Scotch Single Malt Circle). Den Newcomer-Preis erhielt die von mir so sehr geschätzte Sauerländer Edelbrennerei (Thousand Mountains McRaven Single Malt). Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle an beide Preisträger! Ich hoffe demnächst klappt es dann auch endlich mit dem Besuch bei den Sauerländern vor Ort.

Der Samstag gilt allgemein hin als der besucherreichste Tag. Wer schon gegen Mittag bei Eröffnung vor Ort war kam in den Genuss, noch recht entspannt und ausgiebig an den Ständen verweilen zu können. Am späten Nachmittag füllte es sich dann merklich, ohne jedoch überlaufen zu sein. An besonders beliebten Ständen war der Andrang freilich recht groß, ansonsten verteilte sich das Publikum auf der ausreichend bemessenen Ausstellungsfläche. Wer sich einen Überblick und etwas Ruhe verschaffen mochte, der konnte ein paar Stufen aufwärts die Gastronomie besuchen, welche sich für die Messe mit eigens darauf abgestimmten Speisen eingerichtet hatte, oder die dauerhafte Industrieausstellung bewundern, deren Eintritt im Preis für die Messe schon enthalten war.

Für die Messetage Freitag und Samstag hatten sich die Veranstalter Frank Gauert und Sebastian Büssing ganz bewusst entschieden:

„Der Sonntag gilt allgemein hin als Familientag, an welchem der Besucherandrang traditionell nicht so hoch ist. Deshalb wollten wir diesen Tag freihalten. Die Aussteller leisten hier einiges und sind sicher froh, wenn sie nach zwei anstrengenden Messetagen vielleicht wenigstens noch den Sonntag für sich und die Familie haben, bevor es dann am Montag wieder los geht. Wir haben uns deshalb dazu entschieden, die Besuchszeiten auf Freitagnachmittag und Samstag zu komprimieren.“ – Sebastian Büssing, Whisky’n’More

Wie auch in den letzten Jahren präsentierten sich auf der Messe vorwiegend regionale Erzeuger und Händler sowie unabhängige Abfüller. Somit bot diese Veranstaltung ein hervorragendes Forum zum Kennenlernen, den Austausch mit Gleichgesinnten und natürlich Genuss und Verkaufserlebnis in stimmungsvoller Atmosphäre. Wer dagegen größere Importeure bevorzugt, für den bieten sicherlich andere Messen eine geeignetere Plattform.

Cask Alive

Einer meiner ersten Anlaufstellen war der schön hergerichtete Stand von „Cask Alive“. Der Name ist Programm, denn die Gäste können dort aus zahlreichen einzelnen Fässern den Whisky direkt verkosten und sich abfüllen lassen.

Selbstverständlich gab es eigens für die Messe einige Sonderabfüllungen und Neuheiten, bei denen sich eine Verkostung lohnte. Als exklusive Messeabfüllung präsentierten Frank Gauert und Sebastian Büssing einen Tomatin aus einem 60 Liter Ex-Islayfass. Eine wunderbar ausbalancierte Fassreifung mit einem Wechselspiel zwischen der typischen Fruchtigkeit des Tomatin und einer dezenten Islay-Rauchnote. Unter dem Motto „Fill your own bottle“ durften sich Besucher, frei nach dem Vorbild schottischer Brennereien, ihre Flasche sogar selbst abfüllen, mit einem Etikett versehen und eigenhändig beschriften. Diese Idee darf gerne fortgesetzt werden!

Selten genug kann man heute noch einen bezahlbaren Macallan älteren Jahrgangs probieren. Die Gelegenheit bot sich bei Cask Alive mit einem 25jährigen aus dem Jahr 1993 in Fassstärke, gereift in einem Fass, in welchem vorher südafrikanischer Shiraz lagerte. Der Shiraz durfte sogar direkt dazu probiert werden. Sehr interessante fruchtige und überraschend frische Abfüllung, wenngleich mir der als „Gebdra“ benannte Islay-Malt (wer den Namen rückwärts liest dürfte erkennen, um welche Brennerei es sich handelt) aus einem Chardonnay Fass im direkten Vergleich der in einem Weinfass gereiften Whiskies besser gefiel.

Ohnehin überraschen Frank Gauert und Sebastian Büssing immer wieder mit außergewöhnlichen Fassreifungen und Finishs. Ob es nun ein 10jähriger Springbank aus einem IPA Fass ist, ein Loch Lomond, welcher in einem Fass reifen durfte, das immer mit frischem Kaffee befüllt wird, oder ein 4 jähriger Single Malt der Sauerländer Edelbrennerei mit einem Finish (6 Monate) in einem Maulbeerholzfass, die Ideen scheinen unerschöpflich zu sein. Besonders angetan hat es mir übrigens ein 10jähriger Talisker aus einem Pflaumenholzfass.

Das Bernsteinzimmer

Die Whisky’n’More hält, wie der Name schon sagt, noch mehr unwiderstehliche Versuchungen für den Besucher bereit, als Whisky. Schon legendär sind die sündhaft leckeren Wurstspezialitäten von Viehweg, welche man dieses Jahr im Eingangsbereich vor der Halle platziert hatte (im letzten Jahr „litten“ doch einige Händler in der Nähe des Standes, deren Kostbarkeiten beim Verriechen mit einem dezenten Wurstaroma unterlegt waren). Ebenfalls sollte man die Messe nicht verlassen, ohne sich mit den mit Whisky veredelten Chutneys, Marmeladen und Aufstrichen von Stefan Schwarzer (Schwarzer Rabe) einzudecken. Zunächst zog es mich allerdings auf Empfehlung von Olaf Fetting (Whiskyhort) zum Stand von „Das Bernsteinzimmer“.

Schokoladen-Variationen, Pralinés, Karamell-Aufstriche, zum Teil veredelt mit Whisky – eine Sünde kommt hier selten allein. Alles in Handarbeit gefertigt, gibt es an diesen kreativen Erzeugnissen von Solvejg Klein und Oliver Pak eigentlich kein Vorbeikommen, erst recht, weil beide ihre Waren so herzlich und mit Leidenschaft präsentieren.

Das Bernsteinzimmer ist eine reine Manufaktur, beheimatet in Wuppertal. Der Verkauf des Sortiments erfolgt über den eigenen Online-Shop sowie über angeschlossene Händler. Bei der Auswahl der Rohstoffe wird besonders auf Erzeugnisse aus biologischem Anbau geachtet, fair gehandelt, versteht sich. Der Clou: Wer für das nächste Tasting noch eine köstliche Begleitung zum Whisky reichen möchte, der schickt die Whiskies einfach an die Manufaktur und Solvejg kreiert hieraus jeweils passende Schokoladen-Tafeln oder Pralinen.

In der Einkaufstasche landen heute ein Erdnuss-Salzkaramell Aufstrich sowie eine Karamell-Creme mit Ardbegs Corryvreckan.

An dem gleichen Stand präsentierte im Übrigen auch die Marke Kivamo ihre lohnenswerten Spezialitäten für Kaffeegenießer.

The Godfather of Peat

Zurück zum Whisky und damit an den Stand des Brühler Whiskyhauses von Marco Bonn, der wegen akuter Erkrankung bedauerlicher Weise nicht selbst auf der Messe anwesend sein konnte, sich aber kompetent vertreten ließ. Selbstverständlich war das Whiskyhaus wieder mit einem eigenen exklusiven Messebottling vertreten, dem „Godfather of Peat and the Fallen Angel“, einem jungen Islay-Malt, der wohl zugleich den Auftakt für eine weitere Trilogie bildet, die dann auf den nächsten Messen in Düsseldorf und Limburg fortgesetzt wird. Der „Godfather of Peat“ überzeugt vor allem durch fruchtige Noten aus Kirschen und dunklen Trauben im Zusammenspiel mit warmen Rauch, Asche und leichten Tanninen. Gefällig süffiger Single Cask, der sich wunderbar in das bisherige Sortiment der Abfüllungen von „A Dream of Scotland“ einfügt.

Rechtzeitig zur Messe eingetroffen war auch der 13jährige Bruichladdich Radoux Redwine Cask, abgefüllt in Fassstärke mit kräftigen 63,5% vol. Ein gerade wegen der anfänglich schwefeligen Note ungewöhnlicher Laddie. Der Anflug von Knallplättchen in der Luft erinnerte mich kurze Zeit an den Glentauchers aus der Motorcyle-Serie, bevor nach einer Weile dann doch süße Weinnoten, dunkle Früchte und typische Laddie-Aromen zum Vorschein kommen.

Marco Bonn ist einer von zwei Importeuren der Marke Michel Couvreur aus Frankreich. Zu probieren gab es auf der Messe drei Neuerscheinungen: einen Blend aus vier bis zwölf Jahren alten Malts mit dem Namen „CAP A PIE“ sowie zwei Einzelfassabfüllungen, nämlich ein zwölf Jahre alter Single Malt mit dem schlichten Namen „XII“ aus einem Pedro Ximenez Sherryfass sowie ein 15jähriger aus einem Oloroso-Fass mit dem Namen „XV“. Liebhaber kräftiger Sherryfass-Vollreifungen dürften hier also wieder auf ihre Kosten kommen.

Blackadder

Einen sehr überzeugenden Messeauftritt legte unter anderem auch McWhisky hin, wobei ich vor allem ein Auge auf die Whiskies des unabhängigen Abfüllers Blackadder geworfen hatte. Die Blackadder Raw Cask Serie hat eine Besonderheit: Bekanntlich befinden sich im Whisky viele Schwebstoffe, insbesondere Holzkohle und sonstige Bestandteile aus dem Eichenfass. Diese werden in der Blackadder Raw Cask Serie ganz bewusst nicht herausgefiltert. Blackadder selbst schreibt dazu:

„Blackadder Raw Cask is carefully bottled as it is drawn from the cask retaining all its natural cask sediments as well as all its natural oils and fats.“

Besonders aufgefallen ist mir ein 16 Jahre alter Ben Nevis, destilliert am 29. Juni 2001 mit herrlichen Fruchtnoten, malzig, erdig, mit unverwechselbarem Charakter.

Daniel Kamm und Jens Arndt am Stand von McWhisky

Whiskyhort

Lohnenswert erweist sich immer ein Besuch am Stand des Whiskyhort aus Oberhausen, allein schon wegen der aufgeschlossenen und freundlichen Art, in der Olaf Fetting und Jürgen Schneider die Besucher empfangen und trotz Andrang immer noch Zeit für einen Plausch finden.

Als Mitglied der Laddie-Crew Stores besteht zudem dort die Möglichkeit, neben den aktuellen Abfüllungen der beliebten Islay Brennerei Bruichladdich auch die exklusiven Whiskies aus der Micro-Provenance Serie zu verkosten. Daneben wurden zwei, eigens für den Whiskyhort abgefüllte, Sondereditionen des unabhängigen Abfüllers Malts of Scotland präsentiert: Ein Bruichladdich 2002/2018 aus einem First Fill Sherryfass mit 58,9% vol. sowie ein Bruichladdich 2003/2017 aus einem Bourbon-Barrrel mit 56,8% vol.

DeCavo

Die Messe bietet auch ein hervorragendes Forum für die Präsentation deutscher Produkte, wie etwa aus den Brennereien Gebrüder Ziegler (Aureum), Habbel (Hillock Park Distillery) oder der Märkischen Edelbrennerei mit ihrem DeCavo Höhlenwhisky, zu dem ich bereits nach meinem Besuch dort einen Artikel schreiben durfte.

An dem Stand von Klaus Wurm bot sich wieder die Möglichkeit, den Werdegang des DeCavo Single Malt im Einzelnen nachzuvollziehen, denn in Flaschen abgefüllt werden dort beispielsweise auch die Whiskymaische als „Whisky Stout“ sowie unter dem Label „Moonshiner“ der hauseigene New Make. Diesmal konnte ich den DeCavo in Fassstärke probieren, der wie eine Essenz der mit 47,3 % vol. abgefüllten Trinkstärke wirkt. Noch intensivere helle Frucht- und Malznoten, Kaffee, Röstaromen und Milchschokolade. Wie auch die übrigen Abfüllungen ausgesprochen gelungen.

Fazit

Eine rundum gelungene Messe in passendem Ambiente, welche neben interessanten Abfüllungen obendrein die Möglichkeit bot, mit vielen Ausstellern direkt ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Hattingen steht nächstes Jahr definitv wieder im Veranstaltungskalender…

Björn Bachirt

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