Deanston & Bain’s Roadshow

Auf der Deanston & Bain’s Roadshow präsentierte Anfang März die südafrikanische Distell Group zusammen mit ihrem deutschen Vertriebspartner Diversa Spezialitäten GmbH zwei ihrer Marken in Deutschland. Bei einem unterhaltsamen Abend kamen die Gäste in den Genuss der aktuell erhältlichen Originalabfüllungen, exklusiv vorgestellt von International Brand Ambassador Billy Sinclair und dem Master Distiller der James Sedwick Distillery, Andy Watts. 

Die Distell Group war mir bislang „nur“ durch die Marken Bunnahabhain, Tobermory bzw. Ledaig ein Begriff. Dagegen ging das Sortiment von Deanston, bis auf die eine oder andere Neuerscheinung bei unabhängigen Abfüllern, fast vollständig an mir vorbei. Von Bain’s hatte ich zwar schon gelesen, damit in Berührung gekommen war ich allerdings noch nicht. Insoweit bot dieses Tasting die perfekte Gelegenheit, den eigenen Horizont wieder ein Stück zu erweitern. Es bleibt eben doch eine Reise, bei der man nie ans Ziel gelangt (und auch nicht gelangen möchte).

Vier Whiskies standen zu Beginn des Tastings auf dem Tisch. Wer hier schon die Befürchtung hatte, die Verkostung würde sich damit nun erschöpfen, den konnte Gastgeber Dirk Schlüter (Schlüter’s Genießertreff) schnell beruhigen, denn zunächst standen nur die vier Abfüllungen aus dem Hause der James Sedgwick Distillery auf dem Tisch. Der Platz hätte kaum ausgereicht, um auch noch sämtliche Whiskies der Marke Deanston (immerhin heute sechs an der Zahl) ansprechend zu präsentieren.

So durfte zunächst Master Distiller Andy Watts in einem kurzweiligen Vortrag die Herstellung des Bain’s Single Grain Whiskys aus Südafrika vorstellen. Im Anschluss daran brachte Brand Ambassador Billy Sinclair bei einem virtuellen Rundgang durch die Brennerei den Teilnehmern die Originalabfüllungen aus dem Hause Deanston näher. Eine Aufführung in zwei Akten…

Andy Watts, Dirk Schlüter, Billy Sinclair (v.l.n.r.)

Act I: Deconstructing Bain’s Cape Mountain Whisky

Hinter der Marke „Bain’s“ steht die James Sedgwick Distillery. Tatsächlich handelt es sich hierbei um die einzige kommerzielle Brennerei auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. Sie liegt ca. 45 Minuten Fahrzeit von Kapstadt entfernt an den Ufern des Berg River in dem Ort Wellington. James Sedgwick war Kapitän im Dienste der British East India Company. Die Handelsrouten aus Europa nach Indien führten ihn regelmäßig über Kapstadt. Dort ließ er sich ca. 1850 nieder und eröffnete eine Taverne mit dem Namen „The Captain’s Room“. Wenige Jahre später gründete er die Firma J. Sedgwick Co., welche sich auf den Handel mit Tabak, Wein und Spirituosen spezialisierte. Er starb im Jahr 1872. Seine Nachfahren kauften 1886 die heutige Destillerie, welche damals noch den Namen „Catryntjes Drift“ trug.

James Sedgwick Distillery, Wellington, SA

Andy Watts ist erst der sechste Master Distiller in der Geschichte dieser Brennerei und der kreative Kopf hinter Bain’s, den er 2009 als ersten Single Grain Whisky Südafrikas auf den Markt brachte. Bis dahin beherrschten Jack Daniels aus den USA und Jameson aus Irland das Geschäft. Für Andys Geschmack ist der Charakter des klassischen Jameson eher „smooth and easy drinking“ aber recht flach im Aroma und im Geschmack. Demgegenüber steht der amerikanische Bourbon aus Tennessee für eine schöne Süße, ist allerdings auch sehr ölig, was viele nicht mögen. Andy Watts wollte daher einen Whisky kreieren, der auf der einen Seite süß, aber zugleich „easy drinking“, „smooth“ und angenehm fruchtig ist. So entstand der Bain’s Single Grain, ein Whisky, der zu 100% aus South African Yellow Maize (Mais) hergestellt wird. Mit dem Namen „Bain’s“ ehrt Andy Watts die Verdienste von Mr. Andrew Gaddes Bain, einem Schotten, unter dessen Leitung die noch heute wichtige, 30 Kilometer lange, Passstraße zwischen Wellington und Ceres erbaut wurde.

Was macht nun den Bain’s aus? Um das zu erfahren hat sich Andy Watts überlegt, den Whisky in seine Bestandteile zu zerlegen und in einem „Deconstruction-Tasting“ den Werdegang in vier Abfüllungen zu präsentieren. Wir erfahren, dass dieser Single Grain zunächst drei Jahre in First Fill Bourbon Fässern reifen darf. Im Anschluss daran wir er umgefüllt und darf dann weitere zwei Jahre in frischen First Fill Bourbon Fässern ruhen. Die klimatischen Bedingungen und der höhere Angel’s Share begünstigen noch einmal die schnellere Reifung.

Das Tasting beginnt mit einem New Make. Dieser wird im kontinuierlichen Brennverfahren auf sog. Column Stills (auch Coffey Stills oder Robert Stein Stills genannt) auf 94,3% vol. gebrannt. Der New Make ist heute allerdings auf trinkfreundliche 40% vol. verdünnt, andernfalls könnte man ihn wohl auch nicht genießen. Schon in der Nase sehr rein und klar mit einem deutlichen Getreidearoma und zarter Zitrusnote, im Geschmack aber eher neutral.

Das ändert sich schon deutlich mit der nächsten Abfüllung, denn hier stellt Andy Watts einen Single Grain vor, der drei Jahre in älteren Refill-Bourbonfässern reifen durfte. Vanillenoten, Getreide und helle Früchte sind nun tonangebend. Die Veränderung zum New Make ist spürbar, dennoch sind die Aromen noch nicht so ausgeprägt. Spannender wird es mit dem nächsten Glas, denn darin befindet sich nun ein dreijähriger Grain Whisky aus einem First Fill Bourbon Fass. Intensivere Honig und Vanillenoten zusammen mit Ananas, Passionsfrucht und Kokos verdeutlichen, wieviel mehr Aromen diese Fassreifung an den Whisky abgegeben hat.

Zum Abschluss dann das fertige Produkt, der Bain’s Single Grain Whisky:

Direkt in der Nase ein süß-fruchtiges Aroma, wie eine Schale frisch aufgeschnittener tropischer Früchte, Passionsfrucht, Papaya, Mango, gebackene Banane, Bananenblätter, Ananas und Kokosraspeln. Vanille, Honig und weiße Schokolade vermischen sich mit einem kräftigen Getreidearoma, leicht und gefällig. Auch am Gaumen setzt sich dieser Eindruck fort, Banane, Kokos, Passionsfrucht und Vanille mit einer leichten Pefferschärfe im Hintergrund und ein wenig Eichenwürze. Süß, sauber, ausbalanciert –  „Easy Drinking“ halt, so wie Andy Watts das Produkt eben kreieren wollte.

Kein Whisky, mit dem man sich den ganzen Abend beschäftigen und auseinandersetzen muss, sondern genau der Whisky, den ich im Urlaub mit Blick aufs Meer trinken würde oder den ich an einem lauen Sommerabend auf der Terrasse genießen kann. Unkompliziert, ohne langweilig zu sein. Süß, fruchtig, würzig und schlichtweg lecker.

Act II: Whisky from the Cotton Mill

Nach einem kurzen Umbau geht es weiter mit der Vorstellung der Originalabfüllungen aus dem Hause Deanston. Da haben sich die Teilnehmer einiges vorgenommen, denn heute kommen neben dem Virgin Oak und dem 12jährigen, auch der 15jährige Organic, der 18jährige, der 20jährige aus dem Oloroso-Sherryfass sowie die nur vor Ort erhältliche Abfüllung „Decennary“ ins Glas.

Billy Sinclair verbindet das Tasting mit einem virtuellen Rundgang durch die Brennerei. So erfahren wir zu Anfang, dass diese 1966 in einer ehemaligen Baumwollfabrik eingerichtet wurde, welche unmittelbar am Fluss Teith liegt. Man legt nach wie vor Wert auf Handarbeit. Laut Billy Sinclair befinden sich die einzigen Computer im Manager’s Office und im Visitor Center. Ansonsten stammt die gesamte Einrichtung noch aus dem Jahr 1966, einschließlich der „open top“ Mash Tuns, die wegen der insgesamt zu niedrigen Raumhöhen im Gebäude ohne Abdeckung auskommen müssen. Die Architektur ist eben nicht auf eine Brennerei zugeschnitten.

Deanston Distillery

Um den Charakter von Deanston kennenzulernen, bildet der Virgin Oak ohne Altersangabe am heutigen Abend einen guten Einstieg. Abgefüllt mit den für Deanston typischen 46,3% vol., nicht gefärbt, nicht kühlgefiltert, also frei nach dem Motto:

„Wir fügen nichts hinzu und nehmen nichts weg.“

überzeugt er vor allem durch Vanille und Honignoten im Zusammenspiel mit einem fruchtigen Bouquet aus reifen Pfirsichen und Birnen sowie hellen Zitrusnoten und einem ausgeprägten Malz- und Getreidearoma. Auch im Geschmack dominieren Vanille, Honig, Malz und Zitrusnoten mit einer leichten Pfefferschärfe.

Demgegenüber wirkt der 12jährige Deanston etwas runder und gefälliger, vom Charakter jedoch sehr ähnlich. Helle Zitrusfrüchte, Karamell und Vanille strömen in die Nase, ein wenig süßer als beim Virgin Oak und mit etwas Milchschokolade, Apfel und der für mich für Deanston typischen Getreidenote.

Gebrannt wird übrigens auf zwei Wash Stills und zwei Spirit Stills mit einem Fassungsvermögen von 24.500 bzw. 16.802 Litern. Der New Make kommt mit 63,5% vol. ins Fass. Verwendet werden hauptsächlich First und Second Fill Bourbon Casks, so wie häufig Malz aus lokalem Anbau, wie etwa bei dem stets limitierten 15 Jahre alten Organic, welcher als nächstes verkostet werden darf. Elegant, rein und sehr floral mit einem süßen Antritt nach warmem Karamell-Toffe in Milchschokolade, Malz und kandierten Orangen, Zitronenschale und Getreide.

Brand Ambassador Distell Group, Billy Sinclar

Im Anschluss daran geht es direkt weiter mit dem 18jährigen Deanston, welcher zunächst 16 Jahre in Second Fill American Oak Casks reifen durfte, bevor er in First Fill American Oak Caks umgefüllt wurde und dort noch einmal eine Reifung von weiteren zwei Jahren erfahren hat. Ein Whisky der sicherlich Zeit braucht. Ich meine nasses Gras, Heu und Stroh und etwas erdiges wahrzunehmen. Ebenfalls sehr floral, würziges Heidekraut, Getreide, Malz, Vanille. Birne und Zitrone sind auch hier wieder vorhanden, aber eher dezent.

Untypisch für die bisher verkosteten Abfüllungen ist der Deanston 20 Jahre, denn dieser reifte nun ausschließlich in Oloroso Sherryfässern. Ein gelungener Kontrast zu den bisherigen Tropfen, denn es handelt sich um eine sehr elegante Sherryfassreifung. Die typischen Sherrynoten sind direkt präsent: Rosinen, Feigen, Datteln, dunkle getrocknete Früchte, Liebstöckel, Zimt und Eiche. Sehr cremiges Mundgefühl, „mouthwatering“, wie der Schotte gerne sagt, mit Vanille, Butterscotch, Muskat, reifen dunklen Früchten und weißer Schokolade.

We put everything we are into everything we make

Den Abschluss bildet der Deanston „Decennary“. Anlässlich des 50sten Geburtstages der Brennerei wurden Whiskies aus vier verschiedenen Fassarten aus unterschiedlichen Jahrzehnten miteinander vermählt und zwar aus Refill Oak Fässern aus dem Jahr 1977, 1982er American Oak Casks sowie Whiskies aus 1996er Port Pipes und Sherryfässern aus dem Jahr 2006, welche vorher mit Pedro Ximenez Sherry befüllt waren.

Hier dominiert anfänglich ein kräftiges Eichenaroma, poliertes Holz, Sherry, Liebstöckel, dunkle Früchte und süßes Karamell, ein wahrer „Old School“ Whisky. Walnuss, Dattel, Feige, Zimt und dunkle Schokolade verschmelzen mit Aromen von Muskat, kandierten Orangen und Kaffeebohnen.

Ein würziger Antritt im Mund, fast schon buttrig mit einem leichten Prickeln, trockene Früchte, Eiche, Malz, Karamell, Sherry, Orange und Kaffee. Im Nachklang dann trockener werdend mit Sherry, EIche und einer leicht bitteren Note nach dunkler Schokolade und Espresso. Damit möchte man sich gerne noch eine Weile beschäftigen.

Und so endet wieder einmal ein rundum genussvoller Abend im Schlüter’s Genießertreff. Andy Watts und Billy Sinclair haben mit ihrer erfrischenden Art des Vortrages den Teilnehmern zwei Brennereien und ihren Charakter näher gebracht. Am meisten überrascht hat mit eindeutig der Bain’s Single Grain. Bislang kannte ich nur ältere Single Grain Whiskies, vorwiegend aus Sherry- oder Portweinfässern. Bei einem jungen Single Grain aus dem Bourbonfass war ich eher skeptisch. Das Produkt hat mich aber absolut überzeugt: Gefällig, süffig, fruchtig und süß, „easy drinking at it’s best.“

Nicht weniger interessant war die Rundreise durch die Deanston Originalabfüllungen, wobei hier vor allem der Decennary meinen Zuspruch fand. War ja klar, dass ich mir ausgerechnet die Abfüllung aussuchen musste, die nur in Schottland erhältlich ist…

Vielen Dank für den unterhaltsamen Abend an Billy Sinclair, Andy Watts, Brand Ambassadorin Chantalle Seidler und Gastgeber Dirk Schlüter.

Björn Bachirt

Links:

Schlüter’s Genießertreff

Distell Group

James Sedgwick Distillery

Deanston Distillery

 

 

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