Ein guter Single Malt, entspannte, gediegene Atmosphäre und ein Blick auf eine stimmungsvolle malerische Landschaft in den schottischen Highlands… Wenn ich so daran denke, dann klingt dies nach einem gelungenen Abend. Genau solche Abende kann man im Unperfekthaus in Essen erleben, wenn David Christopher Schlierenkämper zu einer Vernissage mit einer Auswahl außergewöhnlicher Whiskys, Musik und gutem Essen einlädt. Kunst und Whisky – zwei Leidenschaften vereint.

In einem Beitrag zur Messe Whisky’n more in Hattingen sah ich ein Ölgemälde der wunderschönen idyllischen Brennerei Strathisla aus der Speyside und fragte mich, wer solche kraftvollen, nahezu fotorealistischen Landschaftsbilder malt. Meine Recherche führte mich zu Whisky&Art in Essen. Dort hat Künstler und Whisky Connaisseur David Christopher Schlierenkämper gemeinsam mit seiner Frau Ioanna und dem Künstler Mario Bitzer ein Projekt auf die Beine gestellt, welches bislang einmalig in Deutschland ist. Ich war überglücklich, als mich David auf meine Anfrage hin ins Unperfekthaus nach Essen einlud.

Ölgemälde der Brennerei Strathisla, Speyside, Schottland

Kunst und Kultur im Unperfekthaus

Das Unperfekthaus vereint mehrere Welten – offenes Atelierhaus, Veranstaltungsgebäude, Begegnungsstätte, Café und Bar – quasi ein kreatives Hub. Gegen ein geringes Eintrittsgeld von 6,90 € (Getränke inbegriffen) kann der Besucher seinen Aufenthalt nach Belieben gestalten und die zumeist offenen Ateliers besichtigen, den Künstlern bei der Arbeit zusehen, sich mit anderen austauschen oder einfach nur auf der Dachterrasse entspannen. Das Unperfekthaus verfügt auch über Veranstaltungsräume, welche sich für Events buchen lassen. Daneben bietet es Frühstücks-, Mittags- und Abendbuffets.

David empfängt mich am Eingang und gewährt mir zunächst eine kleine Führung durch das quirlige Haus mit allerlei Kuriositäten. Für einen Sonntagnachmittag ist es erstaunlich belebt.

David Christopher und Mario

In der ersten Etage befindet sich ein Raum (Nr. 154) mit schöner Holzvertäfelung, welchen David regelmäßig für seine Tastings nutzt. „Wir benötigen normalerweise einen ganzen Tag, um den Raum für unsere Tastings herzurichten, denn wir decken alle Tische selbst ein, hängen die Bilder auf und richten die Technik für den Abend ein“, erzählt David. „Ich wollte ursprünglich eine Vernissage veranstalten. In der Regel gibt es bei einer solchen Veranstaltung etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen. Meine Frau Ioanna brachte mich auf die Idee, dies doch mit einem Whisky-Tasting zu verbinden. Dies war im Juni 2014 der Startschuss für Whisky&Art. Unsere Bilder sowie eine darauf abgestimmte Lichtstimmung tragen zu einer angenehmen Atmosphäre bei. Nach und nach kamen weitere Ideen hinzu, wie etwa die Begleitung der Tastings durch Live-Musik und einem kulinarischen Buffet. Wichtig ist, neben der Vermittlung von Whisky-Wissen vor allem, dass sich unsere Gäste wohlfühlen und einen schönen genussvollen Abend erleben.“ Dazu passt Davids Motto:

„When taste becomes an experience“

Whisky-Tasting & Dinner

Wir verlassen den Tasting-Raum und David führt mich über zwei Etagen auf die Dachterrasse des Unperfekthaus. Bei herrlichem Sonnenschein an diesem Septembernachmittag genießen wir Tee, Kaffe und Kuchen (Danke, David!). So kann man es sich schon mal gut gehen lassen und über Whisky und Kunst plaudern.

Sich gegenseitig inspirieren

Davids Geschichte ist auch eine Geschichte von gegenseitiger Inspiration. Als er und sein Bruder Niki als Kinder von der Mutter Buntstifte und Papier erhielten fingen beide an zu zeichnen. „Malen ist zu 90% erlernbar und zu 10% Talent. Ich habe mir alles selbst beigebracht. Mein Bruder war eigentlich der talentiertere, aber natürlich wollte ich immer besser sein. Das hat mich unglaublich gepusht. 2010 richtete ich mir dann ein Kelleratelier ein.“

Wenige Wochen später begegneten sich David und Mario  erstmals auf der Dachterrasse, auf welcher wir auch heute sitzen. „Mario malte bereits fotorealistische Landschafts- und Tierbilder mit Ölfarbe. Ich selbst wahr eher Comic-affin und habe Mario dann mit meiner Leidenschaft für Whisky angefixt. Wir haben dann zusammen im Duo einige Bilder schottischer Brennereien gemalt bis meine Frau eben auf die Idee kam, Vernissage und Whisky-Tasting doch einfach miteinander zu verbinden. Für die Tastings wähle ich die Whiskys selbst aus und probiere sie selbstverständlich vorher. Es handelt sich normalerweise um Raritäten, was nicht bedeuteten soll, dass es von einem Whisky stets nur noch eine Flasche oder so gibt. Für mich sind Raritäten vor allem limitierte Abfüllungen.“

Seit 2016 ist David zudem Mitglied des Ambassador Club Gruppo Campari, welcher vor zehn Jahren von Helmut Knöpfle gegründet wurde. Ihn faszinieren dabei besonders Whiskys der Marken GlenGrant, Glenfiddich, The Balvenie, Kininvie, The Girvian Patent Still, Tullamore D.E.W. und Wild Turkey. Aus unserem Gespräch heraus entnehme ich, dass es ihm besonders Glenfiddich angetan hat, eine Brennerei, die wohl von den meisten immer unterschätzt wird, obwohl sie Wegbereiter für die schottische Whiskyindustrie war und sicherlich zu deren Eckpfeilern gehört – übrigens bis heute immer noch in Familienbesitz der Gründerfamilie Grant. „Glenfiddich waren die ersten, die schottischen Single Malt in einzelnen Abfüllungen vermarkteten. Bis dahin wurde Single Malt nur für Blends verwendet, um diesen mehr Würze zu verleihen. Keiner wäre auf die Idee gekommen, Single Malts einfach so abzufüllen. Die Familie Grant wollte sich jedoch unabhängig von der Blending-Industrie machen und so fingen sie 1963 an, Single Malt Whisky unter eigenem Namen zu vermarkten. Die erste Abfüllung war ein 8 jähriger, damals noch Straight Malt, genannter Whisky.“, erzählt David.

Als Ambassador wird David hin und wieder für Tastings gebucht. Zuletzt beispielsweise in Düsseldorf zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit Daniel Marshall in der Cigarworld. „Daniel Marshall stellte seine Zigarre DM Red Label vor und ich hatte die Freude drei Glenfiddich (15, 18 und 21 Jahre) in deutscher Sprache den je 42 Teilnehmern vorzustellen. Daniel hat auf Englisch referiert und benötigte einen Ambassador der den Teilnehmern etwas zu William Grant & Sons und deren Abfüllungen erzählen konnte. Wir veranstalteten zwei Tastings an einem Tag – eine tolle Erfahrung. Es ist schon sehr faszinierend, gemeinsame Events mit solchen Stars der Szene zu gestalten. Daniel konnte den Gästen genau erzählen, zu welchem Drittel der Zigarre welcher Glenfiddich passt. Vor solchen Auftritten bin ich schon etwas aufgeregt und habe Lampenfieber. Wenn der Abend aber erfolgreich verläuft, dann pusht mich das ungemein und ich kann noch Tage danach davon zehren.“

Auf die Frage, welche Whiskys David denn selbst gerne genießt antwortet er: „Ich bin schon ein absoluter Speyside-Fan. Mir gefallen im Augenblick gut gereifte Fassstärken aus Einzelfassabfüllungen. Am liebsten natürlich vielschichtig und komplex mit einem kräftigen Nachklang.“ Und welche Entwicklungen sieht David in nächster Zukunft? „Es wird wohl noch mehr Whiskys ohne Altersangabe (NAS) geben. Die Industrie hat mittlerweile andere Kunden im Blick. Es ist nicht mehr der Whisky-Genießer, der im Ledersessel mit Pfeife sitzt, sondern vor allem ein jüngeres Publikum. Wahrscheinlich auch viel jünger als wir beide, die wir hier sitzen.“

Wenn ein Kunstwerk entsteht

Es fällt mir schwer, unser sonniges Plätzchen auf der Dachterrasse des Unperfekthaus zu verlassen, aber ich bin natürlich ganz gespannt darauf, einen Blick in das Atelier zu werfen. Also geht es runter zu Mario Bitzer der gerade an einem Bild mit einem Motiv der Brennerei „The Balvenie“ sitzt.

Die Grundierung mit Acrylfarbe ist bereits fertig. Nun geht es daran, in mehreren Schichten die Ölfarbe aufzutragen. Mario erzählt, dass dabei nur hochwertige Farben mit hoher Pigmentdichte zum Einsatz kommen. Aktuell ist auf dem Bild bereits der strahlend leuchtend blaue Himmel zu sehen. Besonders faszinierend finde ich die Gestaltung der Wolken. Die Farben des Motivs erstrahlen kraftvoll, obwohl die Vorlage auf dem Foto eher einen dunkel grauen Himmel zeigt. „Genauso wollte ich es haben“, erklärt David. „Ich mag die Stimmung, die das kräftige Blau des Himmels erzeugt.“ Bis zur Fertigstellung eines Bildes in dieser Größe vergehen gut und gerne einmal sechs bis acht Wochen, denn die Ölfarbe muss längere Zeit trocknen, bevor Mario eine weitere Schicht auftragen kann.

Die im Atelier ausgestellten Bilder lassen erahnen, wie viele Details das später fertige Gemälde enthalten wird.

Gemälde der Brennerei The Balvenie in der Entstehung
Gemeinsam mit Mario und David im Atelier

Die Bilder von David und Mario können nicht nur käuflich erworben werden, sondern lassen sich auf für Veranstaltungen mieten. „Man kann uns auch ein Foto mit einem Landschaftsmotiv oder einer Brennerei schicken und wir schaffen nach Vorlage ein Gemälde.“

Gemälde der Brennerei Ardbeg, Islay

Zu meiner großen Freude und Überraschung überreicht mir David am Ende noch eine Miniatur der zweiten von insgesamt bislang vier erhältlichen Abfüllungen aus der „The Westfalian“ German Single Malt Whisky Reihe, die er von seinem letzten Besuch in Paderborn bei Malts of Scotland mitgebracht hat. Was es damit auf sich hat, werde ich in einem eigenen Beitrag besprechen.

So bleibt mir nur noch, mich ganz herzlich bei David und Mario für den tollen Nachmittag zu bedanken und ihnen und Ioanna mit Ihrem Projekt weiter viel Erfolg zu wünschen. Wer sich über anstehende Tastings und Ausstellungen informieren möchte, der sollte einen Blick auf die Seite von Whisky&Art werfen.

Björn Bachirt

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