Michel Couvreur Masterclass mit Kellermeister Jean-Arnaud Frantzen

Am 21. April veranstaltete das Brühler Whiskyhaus eine exklusive Masterclass des für seine Sherryfass-gelagerten Whiskies bekannten französischen Abfüllers Michel Couvreur. Zu Gast war kein geringerer als der Kellermeister persönlich – Jean-Arnaud Frantzen. 

Es ist wieder Messezeit. Eines der Highlights im Frühling (oder sollte ich besser sagen: vorgezogener Sommer) ist jedes Jahr die Whisky Fair in Limburg. In diesem Jahr teilten sich dort Marco Bonn (Brühler Whiskyhaus) und Frank Jerger (Whisky for Life) einen gemeinsamen Stand, was durchaus Sinn macht, denn beide sind zugleich Deutschlands einzige Importeure der französischen Marke Michel Couvreur. Sie kennen den Familienbetrieb und die Mitglieder schon lange und haben zur Messe noch einen Stargast zu bieten: Master Blender und Kellermeister Jean-Arnaud Frantzen.

Jean-Arnaud Frantzen, Marco Bonn & Frank Jerger am Stand auf der Whisky Fair in Limburg

Anlässlich dieses Events veranstaltete Whisky for Life bereits am Freitagabend eine Masterclass zum aktuellen Sortiment. Am Samstag folgte dann ein „Meet & Greet“ in Brühl, begleitet von einem 4-Gänge Menü und wieder einmal vielen unterhaltsamen Geschichten und Anekdoten, die Jean-Arnaud und Marco im „Tandem“ präsentierten.

Die Veranstaltung fand natürlich im neuen Tasting-Raum des Brühler Whiskyhauses statt, der mit viel Hingabe und Liebe zum Detail gestaltet ist. Warme Farben, eine schöne Beleuchtung, Chesterfield-Sofa und Sessel und Schränke, in denen die ein oder andere Rarität bestaunt werden darf. Dazu ein Kamin und die, gerade bei den heutigen Temperaturen, einladende Dachterrasse, passen einfach wunderbar zu dem Konzept, den Gästen einen Veranstaltungsort zu präsentieren, in dem sich jeder wohlfühlen kann.

Und dazu passend präsentierten Marco Bonn und Jean-Arnaud Frantzen ein ganz besonderes Couvreur Line-up bestehend aus dem Intravagan’za, dem Overaged in der Variante mit 43% vol., einer fünfzehnjährigen Sonderabfüllung, dem Fleeting und Blossoming auld sherried sowie dem 26jährigen Spirale und einer exklusiven Abfüllungen für das Scots Whisky Forum.

Wer sich die Namen dieser Whiskys und die Etiketten dazu ansieht wird feststellen, dass es im Hause Couvreur keinen Hinweis darauf gibt, aus welchen Brennereien der Whisky darin stammt. Dies liegt nicht allein an fehlenden Namensrechten, sondern vor allem auch an der Philosophie dieses Familienbetriebes und seines Gründers Michel Couvreur, welcher zu Lebzeiten die Auffassung vertrat, dass 80% des Whiskycharakters aus dem Fass kommen und das Destillat daher nur eine eher untergeordnete Rolle spielt. – Darüber kann man freilich streiten. – Diesen Ansatz hat der am 17. August 2013 verstorbene Gründer jedenfalls auch an die nachfolgende Generation des Hauses weitergegeben und wird dort bis heute gelebt.

Zu dieser Philosophie gehört auch, dass ausschließlich New Make schottischer Brennereien oder jeweils sehr jung gereifte Destillate aufgekauft und sodann in besonders alten Fässern, die zumeist vorher mit Sherry belegt waren, gefüllt werden. Nun ist gerade Sherry leider ziemlich aus der Mode gekommen. Fässer werden heute in der Regel nur noch sechs Monate bis maximal zwei Jahre befüllt. Teilweise liefert die Whiskyindustrie schon Fässer eigens nach Jerez in Spanien, um sie dort für kurze Zeit mit Sherry zu belegen, damit überhaupt noch genügend Fässer für die eigene Whiskyreifung zur Verfügung stehen. Das sind aber gerade nicht solche Fässer, die Jean-Arnaud für seine Gewölbekeller sucht. Er ist daher stets auf der Suche nach besonders alten Fässern, in denen bis zu 80 Jahre Sherry reifen durfte. Was dort dann teilweise noch im Fass verbleibt, erinnert eher an Balsamico-Essig, als an aufgespritteten Weißwein.

MC XV, Fleeting & Blossoming

Bis zu 600 solcher Fässer lagern heute in den unterschiedlich feuchten Gewölbekellern auf dem Anwesen. Das zeigt schon, dass stets kleine Chargen in Flaschen gefüllt werden. Umso erstaunlicher ist es, dass es Kellermeister Jean-Arnaud gelingt, auch aus diesem begrenzten Lagerbestand, selbst bei vermeintlichen Standardabfüllungen wie dem Overaged, immer eine vergleichbar hohe Qualität anbieten zu können. Dennoch ist das Unternehmen derzeit bestrebt, die Lagerbestände zu erweitern, um die Nachfrage auch künftig zu befriedigen. Dazu wird nun erstmals ein neues Lager gebaut, auch um den Whisky bei unterschiedlichen Bedingungen reifen zu lassen. Während es in den Kellerräumen teils so feucht ist, dass sich Wasserpfützen auf dem Boden bilden, wird das Klima in den Lagerhäusern eher trockener ausfallen. Man darf gespannt sein, wie sich dies auf den künftigen Stil auswirken wird.

Aperitif Intravagan’za

Den Auftakt am heutigen Abend macht der Intravagan’za, ein nicht ganz dreijähriger Malt (also kein Whisky), dem die Jugend aber nicht anzumerken ist. Dieser reifte in Oloroso- und Moscatelfässern und wurde mit satten 50,0% abgefüllt. Er fällt dennoch erstaunlich weich und süffig aus, wobei als Einstieg besonders die schöne kräftige Süße aus Rosinen, Kirschen sowie Karamell- und Toffeenoten gefällt. Jean-Arnaud erklärt dazu, dass dieser Malt in Frankreich gerne auch leicht gekühlt gereicht wird. Bei an diesem Tag herrschenden (hochsommerlichen) Temperaturen denke ich so bei mir, dass gekühlt vielleicht gar keine schlechte Idee wäre, zumal den Gästen im Anschluss an die Verkostung des Intravagan’za noch eine heiße französische Zwiebelsuppe von Koch Markus serviert wird. Nun muss man dazu sagen, wer ein Menü für ein Tasting im April plant, rechnet sicherlich nicht mit Temperaturen wie im August. Die leeren Teller zeugten im übrigen davon, dass es den Gästen gemundet hatte.

Dies war dann auch zugleich die erste Feuerprobe für die Küche in den neuen Tastingräumen. Verantwortlich für das Menü zeichnete sich im Übrigen neben Koch Markus auch Oliver Weiß, der in Bonn-Beuel das Restaurant Assenmacher betreibt.

Work-Life-Balance

Nach bestandener Suppenprüfung ging das Wort wieder an Jean-Arnaud, der nun den Overaged Blended Malt Whisky vorstellte. Dieser ist in zwei Varianten erhältlich, einmal in Trinkstärke mit 43% vol. und einmal mit 52% vol. Heute kommt die „leichtere“, aber keinesfalls weniger spannende Variante mit 43% vol. ins Glas.

In dem Overaged gehen Whiskies mit einem Alter zwischen 12 und 20 Jahren auf, wobei man da schon mal genau hinhören kann, denn früher meine ich hieß es, die Whiskies darin seien zwischen 12 und 27 Jahren alt. Musste man da etwa im Hause Couvreur der Nachfrage und den allgemein steigenden Preisen Tribut zollen? Ich hatte den Overaged schon einmal im Glas, aber eine Veränderung in der Qualität habe ich nicht feststellen können. Sofort fällt in der Nase eine schöne würzige Note nach Liebstöckel (auch Maggikraut genannt) auf. Diese würzige Note geht nach einer Weile über zu  getrockneten Früchten, Rosinen und Pflaumen, leicht nussig mit ein wenig Karamell. Es entfaltet sich ein schönes Wechselspiel von Süße, Säure und einem Hauch Zartbitterschokolade.

Wo wir doch eben von 20 Jahre alten Whiskies gesprochen haben: Jean-Arnaud Frantzen ist nun ebenfalls schon seit 20 Jahren im Familienbetrieb tätig und was er so über seine Anfänge erzählt, lasst die Gäste schmunzeln.

Bei Bewerbungen wird heutzutage oft von der sog. Work-Life-Balance gesprochen, d.h. Arbeit und Leben/Freizeit sollen miteinander im Einklang stehen. Als Jean-Arnaud seine Arbeit aufnahm musste er lernen, dass zwischen „Arbeit“ und „Leben“ im Hause Couvreur nicht unterschieden wird. Das Leben ist die Arbeit im Betrieb, sieben Tage in der Woche, 24 Stunden! Ausruhen, unvorstellbar, denn:

Retirement is like a small death – Jean-Arnaud Frantzen, April 2018

Auf die Frage, wann es denn mal „Ferien“ gibt, erntete er von Familie Couvreur nur irritierte Blicke. Und was denn im Sommer sei? Die Antwort: „Sonnenschein“! So lustig dies vielleicht auch klingen mag, es verdeutlicht gleichwohl, wie anders „Arbeit“ dort definiert wird. Heute gibt es durchaus mal Ferien, obwohl Jean-Arnaud berichtet, dass auf Reisen mit der Familie gerne schon mal Kunden besucht, oder Destillerien und Bodegas besichtigt werden.

Vielleicht ist es aber gerade diese Hingabe, die solche Abfüllungen wie den Michel Couvreur XV entstehen lassen, destilliert 2003 und abgefüllt 2018. Dahinter steckt das gleiche Destillat, welches auch im Intravagan’za abgefüllt wurde, nur eben fünfzehn Jahre lang in einem einzigen Olorosofass gereift. Die Abfüllung ist auf insgesamt 783 Flaschen limitiert und erweist sich als äußerst delikat, mit Pflaumen, Kirschen, Rosinen und subtilen Holz- und Tabaknoten, getragen von einer karamelligen Süße.

Dazu passt der begleitende Hauptgang, der nun serviert wird: Sous-vide gegarte Maispoulardenbrust an hausgemachten Tagliatelle mit Whisky-Hollandaise und karamellisierten Tomaten, wobei anzumerken ist, dass Marco Bonn, zum „Entsetzen“ des Kochs, an die Hollandaise mit dem Whisky selbst Hand anlegte und es dabei durchaus gut mit seinen Gästen meinte.

Manche Dinge lassen sich nicht wiederholen

Nach einer kurzen Pause sind die Tische mit den nächsten drei Abfüllungen eingedeckt. Weiter geht es mit dem „Fleeting“, vielleicht meine Lieblingsabfüllung an diesem Abend. Wieder ein Einzelfass. Dieser Whisky durfte in einem Ruby Port Cask reifen und wurde mit 46% vol. abgefüllt. „Fleeting“ steht dabei für etwas, was man nicht wiederholen kann. Der Whisky darin soll „zwischen 14 und 15 Jahren“ alt sein – man muss ja nicht immer alles so genau nehmen. Ein fruchtiges Bouquet empfängt den Genießer: Johannisbeeren, Brombeeren, Pflaumen und Kirschen dominieren zu Anfang, lassen aber nach einer Weile Raum für angenehm würzige Noten nach Muskat, Nelke und Eiche.

Jean-Arnaud verrät den Teilnehmern währenddessen, dass es zu seinem 20jährigen Dienstjubiläum wohl eine ebenso alte Sonderabfüllung geben wird. Das hierfür verwendete Destillat soll anfänglich sehr rauchig gewesen sein. Dieser Rauch hat sich dann jedoch, so Jean-Arnaud, durch die lange Reifung in subtilere Noten abgebaut. Abgefüllt wird dieser Whisky wahrscheinlich mit 43,8% vol. Also heißt es im kommenden September, Augen und Ohren offen halten… Da kommt was auf uns zu.

Bleiben wir doch bei Whiskies mit hohem Alter und wenden uns dem Blossoming auld sherried Single Malt Whisky zu, ein old school Sherry Whisky, wie es ihn nur noch selten gibt. Die “Blütezeit”, gehört zu den Flaggschiffen aus dem Hause Couvreur – leider auch vom Preis her. Er benötigt definitiv Zeit zur Entfaltung. Je länger, desto besser. Faszinierend was dann im Glas passiert – Rosinen, Backpflaumen, Karamell, Kaffee und Schokolade erfreuen Nase und Gaumen.

Bacon mit Schokolade?

Auch der Endspurt am heutigen Abend bleibt auf hohem Niveau. Zu dem 26jährigen Spirale kredenzt die Küche einen Schoko-Brownie mit einem schokolierten Bacon und Kirsch-Chili-Eis. Eine perfekte Begleitung zu den heutigen Abfüllungen. Der Bacon kross, leicht salzig, überzogen mit dunkler Schokolade, ein saftiger Brownie dazu und ein herrlich erfrischendes Eis. Kompliment!

Vergessen wollen wir freilich nicht den Spirale, der die letzten drei Jahre in einem Vin Jaune Cask gefinished wurde. Bei dem Vin Jaune handelt es sich um einen Dessertwein aus dem Anbaugebiet Jura, der ausschließlich aus der weißen Rebsorte Savagnin hergestellt wird. Dick und zähflüssig mit eingekochten Brombeeren und Kirschen, viel Schokolade und dezenten Holznoten, süß, aber auch leicht adstringierend. Sicherlich ein Malt für absolute Liebhaber der Marke wofür sicherlich auch der Preis spricht – 325 € für einen halben Liter!

Der Abend soll damit aber noch nicht enden, denn zum Abschluss mit einer Käseplatte und Haselnussbrot serviert Marco Bonn, ich denke sogar zur Überraschung von Jean-Arnaud, eine exklusive Einzelfassabfüllung, die einst nur für das Scots Whisky Forum erschien. Destilliert 1994 und abgefüllt 2007, war diese 13jährige Abfüllung auf nur 144 Flaschen limitiert. Die ersten 11 Jahre reifte dieser Whisky in einem Bourbon Hogshead und durfte dann noch einmal zwei Jahre in einem frischen Pedro Ximénez Sherryfass sich auf seine Abfüllung vorbereiten. Überraschend rauchig ist er geblieben, angenehme Specknoten, erinnert mich an den schokolierten Bacon den wir eben noch zum Dessert hatten, dazu Liebstöckel, Rosinen, Datteln und Feigen.

Gelungener Abschluss eines rundum genussvollen und abwechslungsreichen Abends, durch den Marco Bonn und Jean-Arnaud die Gäste mit Wissen und Witz geführt haben. Dazu eine passende kulinarische Begleitung. Gerne mehr davon!

Björn Bachirt

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